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Russland: Jukos-Aff�re

 
Die bereits seit längerem gespannten Beziehungen zwischen der Regierung Putins und dem Erdölkonzern Jukos, repräsentiert vor allem durch den Vorstandsvorsitzenden Michail Chodorkowski, spitzten sich dramatisch zu und gipfelten in der Festnahme Chodorkowskis durch ein bewaffnetes Sonderkommando am 25.9.2003 in Sibirien. Bereits im Monat zuvor war der Finanzchef des Unternehmens, Platon Lebedjew, wegen Unterschlagung von 280 Mio. US-$ verhaftet worden. Beide Manager mussten sich ab 20.5.2004 (Lebedjew) bzw. 16.6. vor Gericht wegen Betrug, Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung und Steuerbetrug verantworten. Ausschlaggebend für das harte Vorgehen des Kremls gegen den einstigen russischen Vorzeigekonzern, der als einer der ersten nach westlichem Vorbild geführt wurde, war nach Ansicht von Beobachtern vor allem der Versuch Chodorkowskis, Russland zu privatisieren, was von den Eliten, die in den 1990er Jahren nicht von den damaligen Wirtschaftsreformen profitieren konnten, zutiefst abgelehnt wird. Außerdem hatte Chodorkowski, mit einem geschätzten Privatvermögen von rd. 15 Mrd. US-$ der reichste Mann Russlands, im Vorfeld der Ermittlungen gegen Jukos angesichts der bevorstehenden Duma- und Präsidentschaftswahlen mehrmals verkündet, nicht nur Parlamente, sondern auch Wahlergebnisse kaufen zu können. Nach der Festnahme Chodorkowskis ging die Staatsanwaltschaft weiter gegen den Konzern vor. So wurden am 30.10.2003 44% der Jukos-Aktien als Pfand für Schäden eingefroren, die der Staat durch Chodorkowski und andere Aktionäre erlitten hatte. Am 29.12. forderte das Steueramt eine Nachzahlung für das Jahr 2000 in Höhe von 3,4 Mrd. US-$, was das Wirtschafts-Appellationsgericht in Moskau am 29.6.2004 bestätigte. Mit einer Zahlungsfrist von fünf Tagen präsentierten Gerichtsvollzieher dem Unternehmen diese Forderung am 2.7., gleichzeitig begannen sie mit der Aufnahme des Inventars; eine weitere Nachforderung für das Jahr 2001, ebenfalls über 3,4 Mrd. US-$, erhob das Steueramt am 5.7. Geführt wird der Konzern zurzeit vom US-Amerikaner Steven Theede, dem vormaligen Operationschef des Unternehmens, der dieses Amt am 24.6.2004 von Simon Kukes übernommen hatte; Kukes war am 3.11.2003 auf Chodorkowski gefolgt. Die Fusion von Jukos mit dem kleineren Konkurrenten Sibneft, die 2003 von der Regierung gebilligt worden war und aus dem Konsortium das viertgrößte Ölunternehmen weltweit gemacht hätte, wurde am 1.6.2004 durch eine Entscheidung des Moskauer Appelationsgerichts für ungültig erklärt. Damit würde der Erdölmagnat Roman Abramowitsch, seit 3½ Jahren Gouverneur der fernöstlichen Provinz Tschukotka und Besitzer des englichen Fußballclubs Chelsea, wieder über die Mehrheitsanteile an seinen Konzern Sibneft verfügen. Abramowitsch, der die zuvor heruntergekommene Provinz auf Vordermann gebracht hatte und daher als »Retter der Tundra« gefeiert wird, wurde Ende Mai vom Chef des Rechnungshofs ins Visier genommen, der ihm ungetreue Amtsführung vorwirft und ihn zum Rücktritt aufgefordert hat.
 
 

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