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Gro�britannien: Kommission zum Irak-Krieg

 
Vom 26.8.–25.9.2003 ging die von der Regierung in der sog. Kelly-Affäre eingesetzte Untersuchungskommission unter Lordrichter Brian Hutton den Hintergründen für den Selbstmord des Mikrobiologen, Regierungsberaters und ehemaligen UN-Waffeninspekteurs David Kelly am 17.7. nach. Im Kern ging es dabei um die Klärung des Vorwurfs, den der BBC-Reporter Andrew Gilligan mit Verweis auf ein Regierungsdossier vom 24.9.2002 erhoben hatte, die Regierung habe im Vorfeld des Irak-Kriegs das Ausmaß der irakischen Bedrohung absichtlich übertrieben, um Parlament und Volk einen akzeptablen Kriegsgrund vorzuweisen. Darüber hinaus standen Regierungsstellen im Verdacht, durch gezielte Preisgabe der Informationsquelle für die BBC für den Tod des Waffenexperten Kelly mitverantwortlich zu sein. Noch vor Abschluss der Untersuchungen Huttons legte der Regierungssprecher sein Amt nieder. Alastair Campbell, einflussreicher Berater des Premiers, war in der Öffentlichkeit für die umstrittene Informationspolitik der Regierung verantwortlich gemacht worden; der gegen ihn von der BBC erhobene Vorwurf, von ihm sei die Verfälschung der Geheimdienstberichte ausgegangen, erwies sich als haltlos. In seinem am 28.1.2004 vorgelegten Untersuchungsbericht entlastete der Lordrichter die Regierung von konkreter Schuld; sie habe nicht unangemessen oder unehrenhaft gehandelt. Die Geheimdienst-Chefs seien selbst von der Richtigkeit der Informationen über die Bedrohung durch Massenvernichtungswaffen des Irak ausgegangen, und die Regierung habe diese nicht vorsätzlich aufgebauscht. Die Regierung habe auch den Tod Kellys durch dessen Bloßstellung nicht billigend in Kauf genommen. Dagegen übte Lordrichter Hutton scharfe Kritik an der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt BBC, die eine manipulative Berichterstattung des Reporters und die Bloßstellung seines Informanten ermöglicht habe. Der Bericht stürzte die Sendeanstalt in die schwerste Krise ihrer mehr als 80-jährigen Geschichte. Entgegen seiner bis dahin aufrecht erhaltenen Weigerung, die Arbeit der Geheimdienste im Irak-Komplex untersuchen zu lassen, berief Blair am 2.2.2004 eine überparteiliche Untersuchungskommission unter Leitung von Lord Robin Butler mit dem Auftrag, die Zuverlässigkeit der Geheimdienstinformationen über irakische Waffen zu prüfen, die der Entscheidung zum Irak-Krieg zugrunde lagen. Der Premierminister gab damit dem Druck der Opposition und dem öffentlichen Interesse an dem Umstand nach, dass die für den Krieg ausschlaggebenden und für wahr gehaltenen Informationen falsch waren, und folgte einer entsprechenden, tags zuvor ergangenen Entscheidung des US-Präsidenten, die amerikanischen Geheimdienste betreffend. Die Liberalen lehnten eine Teilnahme an der Kommission ab, weil der Auftrag die Prüfung der politischen Entscheidung für den Irak-Krieg nicht einschloss. Ungeachtet der noch fortlaufenden Untersuchungen beförderte Blair den Geheimdienst-Koordinator John Scarlett, der für das umstrittenen »Irak-Waffen-Dossier« vom September 2002 verantwortlich war, am 6.5.2004 zum neuen Chef des Auslandsgeheimdienstes MI6.

 
 

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