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Staaten : Chile: Immunit�t des Ex-Diktators Pinochet aufgehoben
Chile: Immunit�t des Ex-Diktators Pinochet aufgehoben
8.8.2000

Der Oberste Gerichtshof von Chile hat am 8. August die strafrechtliche Immunit�t des fr�heren Diktators Augusto Pinochet Ugarte in letzter Instanz aufgehoben. Damit kann der 84-J�hrige wegen Verbrechen unter der Milit�rdiktatur (1973-90) angeklagt werden. Die Richter verwarfen damit eine Beschwerde der Anw�lte Pinochets gegen die Entziehung der Immunit�t durch das Berufungsgericht vor zwei Monaten.

Die Entscheidung der 20 Richter fiel mit 14 gegen sechs Stimmen eindeutig aus und wurde als moralische Verurteilung des fr�heren Gewaltherrschers gewertet. Ob Pinochet tats�chlich angeklagt wird, ist weiter offen. Der Ermittlungsrichter Juan Guzman m�sste f�r eine Anklageerhebung zun�chst von Amts wegen ein Gesundheitsgutachten zu Pinochet einholen. Dies schreiben die chilenischen Gesetze vor, wenn der Angeklagte mehr als 70 Jahre alt ist. Der Ex-Diktator hat jedoch bereits ank�ndigen lassen, dass er zu keinen weiteren Untersuchungen mehr bereit sei.

Der Fall Pinochet

Hausarrest in Gro�britannien: Am 16.10.1998 wurde Pinochet , der am 22.9.1998 mit einem Diplomatenpass in Gro�britannien eingereist war, aufgrund eines spanischen Haftbefehls in einer Londoner Privatklinik verhaftet und unter Hausarrest gestellt. Der Antrag auf Auslieferung Pinochets wegen V�lkermords, Folter und Staatsterrorismus w�hrend seiner Milit�rherrschaft von 1973 bis 1990 wurde von der spanischen Regierung am 10.11.1998 der britischen Regierung �berstellt. Zahlreiche Spanier sind unter den Opfern der Diktatur Pinochets. Am selben Tag stellte auch die Schweiz einen Auslieferungsantrag wegen Menschenrechtsverletzungen begangen an schweizerischen B�rgern; in der Folge schlossen sich auch Belgien und Frankreich an. � Am 25.11.1998 entschieden die Lordrichter im britischen Oberhaus, der h�chsten britischen Rechtsinstanz, dass Pinochet als ehem. Staatsoberhaupt au�erhalb Chiles keine Immunit�t vor Strafverfolgung w�hrend seiner Herrschaft begangener Straftaten zustehe und erm�glichten damit ein Verfahren zur Auslieferung an Spanien. Seine Anw�lte setzen jedoch eine �berpr�fung durch, weil einer der Lords wegen seiner Verbindungen zu amnesty international befangen gewesen sei. Am 24.3.1999 bekr�ftigten die Lordrichter ihre Entscheidung vom 25.11., schr�nkten jedoch die Vergehen, deren der Ex-Diktator in Spanien angeklagt werden kann, drastisch ein: Pinochet k�nne nur f�r Menschenrechtsverletzungen zur Verantwortung gezogen werden, die nach dem 8.12.1988 begangen wurden (erst mit Inkrafttreten der Konvention gegen Folter in Gro�britannien wurde au�erhalb des Landes ver�bte Folter in Spanien strafbar). Da dieses Urteil die von der spanischen Justiz vorgelegten Anklagepunkte, die �berwiegend mit dem Milit�rputsch 1973 und den ersten Jahren der Milit�rdiktatur im Zusammenhang stehen, von 32 auf drei reduziert, erg�nzte der spanische Untersuchungsrichter Baltasar Garz�n ab 26.3.1999 den Auslieferungsantrag nachtr�glich um �ber 50 weitere F�lle von Folter, die sich sowohl auf die Zeit von vor dem 8.12.1988 als auch auf die Jahre 1988-90 beziehen. � Das Auslieferungsverfahren gegen Pinochet begann am 27.9.1999; am 8.10. entschied ein Gericht in London, dass Pinochet an Spanien ausgeliefert werden k�nne. � Am 5.1.2000 wurde Pinochet sieben Stunden lang von vier britischen �rzten untersucht. In ihrem Bericht hei�t es, dass der 84-J�hrige nach mehreren leichten Schlaganf�llen an Ged�chtnisverlust und unter Konzentrationsschwierigkeiten leide. Der britische Innenminister Jack Straw teilte daraufhin am 11.1. mit, dass er "geneigt" sei, Pinochet aus Gesundheitsgr�nden freizulassen. Am 15.2. entschied das oberste britische Zivilgericht, dass Straw den Staaten, die Pinochets Auslieferung beantragt haben, Einsicht in das medizinische Gutachten gew�hren m�sse. Alle vier Staaten (Spanien, Schweiz, Frankreich und Belgien) teilten 22.2. Straw mit, dass das Gutachten ihrer Meinung nach nicht ausreiche, um Pinochet freizulassen. � Straw entschied am 2.3. auf Grund des medizinischen Gutachtens vom 5.1., dass Pinochet nicht verhandlungsf�hig sei und deshalb nicht an Spanien ausgeliefert werde. Einspruchsm�glichkeiten gegen die Entscheidung seien ausgeschlossen.

R�ckkehr nach Chile: Der Hausarrest wurde am 2.3.2000 aufgehoben und Pinochet verlies am selben Tag mit einer Boeing 707 der chilenischen Armee Gro�britannien; er traf am 3.3. in Chile ein, wo er auf dem Flughafen von Santiago de Chile von der Armee mit milit�rischen Ehren empfangen wurde. � Bei einer anschlie�enden medizinischen Untersuchung Pinochets im Milit�rkrankenhaus in Santiago de Chile stellten die �rzte lediglich einen leicht erh�hten Blutzuckerspiegel fest. Insgesamt sei Pinochets Gesundheitszustand stabil, hei�t es in einem am 8.3. ver�ffentlichten Bericht. � Am 25.3. wurde Pinochet vom chilenischen Kongress mit einem zus�tzlichen Schutz gegen Strafverfolgung ausgestattet. Das sieht eine mit 113 gegen 27 Stimmen bei drei Enthaltungen angenomme Novelle zu der noch w�hrend der Milit�rdiktatur 1980 verabschiedeten Verfassung vor, die Pinochets Pr�sidentschaft bis 1989 festigte. Die neue Bestimmung sieht vor, dass ein ehemaliges Staatsoberhaupt auch dann gegen Strafverfolgung gesch�tzt ist, wenn es sein bisher unwiderrufbares Senatsamt auf Lebenszeit aufgibt. - Die Verfassungs�nderung stie� auf scharfe Kritik von Menschenrechtsgruppen, die die Chancen f�r eine Anklage gegen Pinochet schwinden sahen.

Immunit�t aufgehoben: Das Berufungsgericht in Santiago de Chile gab am 5.6.2000 die Aufhebung der Immunit�t Pinochets bekannt. 13 der 22 Richter des Berufungsgerichts hatten bereits am 23.5. f�r die Aufhebung der Immunit�t auf Lebenszeit gestimmt, die der Ex-Diktator als Senator seit 12.3.1993 � einen Tag nachdem er seinen R�ckzug aus dem Amt des Heeres-Oberbefehlshabers erkl�rt hatte � genoss, und die ihn auf Lebenszeit vor Strafverfolgung sch�tzen sollte. Die Entscheidung musste nun auf Antrag der Verteidigung vom Obersten Gerichtshof best�tigt werden. � Am 25.7.2000 lehnte der Oberste Gerichtshof der Antrag der Verteidigung auf die Erstellung eines neuen medizinischen Gutachtens zur Prozessf�higkeit des 84-J�hrigen ab. - In letzter Instanz hebt der Oberste Gerichtshof von Chile am 8.8.2000 die strafrechtliche Immunit�t von Pinochet auf.

Vorw�rfe gegen Pinochet: Nach einem Bericht der chilenischen Organisation f�r Entsch�digung und Vers�hnung aus dem Jahr 1996 "verschwanden" w�hrend der Herrschaft Pinochets von 1973 bis 1990 in Chile 1102 Menschen. Die Zahl derer, die an den Folgen der Folter oder bei au�ergerichtlichen Hinrichtungen starben, wurde mit 2095 angegeben. � Der chilenische Richter Juan Guzman bearbeitet inzwischen 157 Strafanzeigen gegen Pinochet wegen Mordes, Folter und Entf�hrung politischer Gegner w�hrend dessen Milit�rdiktatur.

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