Im Berliner Schloss Charlottenburg hat auf Einladung von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble am 27. September 2006 die erste Sitzung der Deutschen Islam-Konferenz stattgefunden, an der Vertreter des Staates und der mehr als drei Millionen in Deutschland lebenden Muslime, darunter der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD), Ayyub Axel Köhler, teilnahmen. Mit dem Treffen soll ein zwei- bis dreijähriger Kommunikationsprozess eingeleitet werden.
Innenminister Schäuble zog ein positives Fazit des Treffens: Es habe eine intensive Diskussion »in tolerantem Ton, aber mit unterschiedlichen Positionen« gegeben. Alle seien sich einig gewesen, diesen Diskussionsprozess mit möglichst viel Leben zu füllen. Auch der Dialogbeauftragte des größten Muslim-Dachverbandes in Deutschland DITIB, Bekir Alboga, sagte, die Erwartungen der muslimischen Gemeinden seien voll erfüllt worden. Der Vorsitzende des Islamrats für die Bundesrepublik Deutschland), Ali Kizilkaya, erklärte, die Muslime hätten auf der Konferenz unterstrichen, dass der Islam und das Grundgesetz kein Widerspruch seien.
Die Teilnehmer sprachen sich einmütig für die Aufführung der abgesetzten Mozart-Oper »Idomeneo« an der Deutschen Oper Berlin aus. Das Haus hatte die Inszenierung von Hans Neuenfels aus Furcht vor islamistischen Protesten vom Spielplan genommen. Die Oper handelt vom kretischen König Idomeneo, der nach seiner Heimkehr vom trojanischen Krieg gezwungen ist, seinen eigenen Sohn zu opfern. Neuenfels präsentiert in dieser Szene die abgeschlagenen Köpfe von Poseidon, Jesus, Buddha und auch Mohammed. Die Intendantin der Deutschen Oper, Kirsten Harms, verteidigte die Absetzung mit einem »unkalkulierbaren Sicherheitsrisiko«; sie habe nach einer Warnung des Landeskriminalamtes »zwischen künstlerischer Freiheit und andererseits der Sicherheit für Leib und Leben« abwägen müssen. Politiker aller Parteien und Künstler nannten die Entscheidung dagegen nicht nachvollziehbar.
Die Deutsche Islam-Konferenz bildet den Auftakt zu einem mehrjährigen Dialog zwischen dem Staat und den in der Bundesrepublik lebenden Muslimen, an dessen Ende eine Übereinkunft erzielt werden soll, in der sich beide Seiten zur Einhaltung bestimmter gesellschafts- und religionspolitischer Ziele verpflichten. Zwischen den halbjährlich geplanten Konferenzen sollen Arbeitsgruppen Themen abarbeiten. Am 8./9. November 2006 sollen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Nürnberg drei Arbeitsgruppen und ein Gesprächskreis die Beratungen im Detail aufnehmen.
Die Arbeitsgruppe »Deutsche Gesellschaftsordnung und Wertekonsens« soll sich unter anderem mit der Gleichberechtigung von Mann und Frau, mit Fragen der Familie und Erziehung sowie mit der Akzeptanz der Vielfalt demokratischer Kulturen und der Säkularisierung befassen, die Arbeitsgruppe »Religionsfragen im deutschen Verfassungsverständnis« mit der Trennung von Kirche und Staat, dem Umgang mit religiösen Symbolen, dem Bau von Moscheen sowie dem Islamunterricht in deutscher Sprache. In der Arbeitsgruppe »Wirtschaft und Medien als Brücke« sollen die Verbesserung der Chancen von Jugendlichen auf dem Arbeitsmarkt und die Beschäftigung von Muslimen im öffentlichen Dienst erörtert werden. Themen des Gesprächskreises »Sicherheit und Islamismus« sind die innere Sicherheit, islamistische Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung sowie die Prävention und Aufdeckung islamistischer Gewalttaten. In Deutschland leben rund 3,3 Millionen Menschen muslimischer Prägung. (MvB)
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