Am 4.5. wurden die Empfehlungen der Mitchell-Kommission bekannt: Vorgeschlagen wurde einerseits ein Siedlungsstopp, und Israel wurde zur Begleichung der ausstehenden Steuerzahlungen und zur Aufhebung der Blockade der besetzten Gebiete aufgefordert. Die israelische Armee müsse aus den Autonomiegebieten abgezogen werden. Andererseits müsse die PNA extremistische Kämpfer verhaften, illegale Waffen einsammeln und die Sicherheitskooperation mit Israel wiederaufnehmen. Scharon wies die Forderungen nach einem völligen Siedlungsstopp kategorisch zurück, und die Regierung beschloss am 14.5. gegen Widerstand von Peres, den Bericht nur mit Vorbehalten zu akzeptieren. Am 15.5. kam es nach Massendemonstrationen in Westjordanland und Gaza zu Schusswechseln, bei denen mindestens drei Palästinenser erschossen wurden. Obwohl die Armee betonte, keine Wiederbesetzung autonomer Gebiete anzustreben, häuften sich die kurzen Vorstöße gepanzerter Einheiten in die Autonomiezone; am 17.5. wurde entlang einer Zufahrtsstraße in Gaza eine Anzahl von permanenten Stellungen in der Zone A eingerichtet. Nach einem weiteren Selbstmordattentat in Netanya am 18.5., das sieben Todesopfer und rund 100 Verletzte forderte, kam es am 19.5. zu den bisher schwersten israelischen Luftangriffen unter Einsatz von F-16-Kampfbombern auf Ziele mitten in Westjordanland (Nablus, Ramallah) und im dicht besiedelten Gazastreifen, die 20 Opfer forderten. Am 20.5. wurde auch das Haus des höchsten palästinensischen Militäroffiziellen im Westjordanland, Jibril Rajoub, bombardiert, ohne dass dieser zu Schaden kam. Die Luftangriffe mit Kampfflugzeugen wie auch der Anschlag auf den als pragmatisch geltenden Rajoub sorgten erstmals auch in Israel für Kritik an der Militärstrategie gegenüber dem Palästinenseraufstand. Die etwa 5000 Rajoub unterstehenden Sicherheitsbeamten waren bisher nach allgemeiner Kenntnis weder an Demonstrationen noch Attentaten gegen Israel beteiligt gewesen. Anlässlich der offiziellen Vorstellung des Mitchell-Berichts am 21.5. rief US-Außenminister Powell beide Seiten zu einem sofortigen und bedingungslosen Ende der Gewalt auf. Powell machte zugleich klar, dass sich die US-Regierung nicht erneut direkt in die Verhandlungen einschalten wolle. Israel gab daraufhin den Befehl aus, Feuer und offensive Aktionen einzustellen und nur noch in akuter Notwehr zu schießen, und forderte Arafat dazu auf, Gleiches zu tun. Der Waffenstillstand wurde von den radikalen Milizen mit einer Welle von Attentaten beantwortet. Nach dem blutigsten Selbstmordanschlag seit Beginn der zweiten Intifada am 1.6. in Tel Aviv, der 20 Todesopfer forderte, ordnete Arafat eine Waffenruhe an. Scharon verzichtete öffentlich für eine befristete Zeit auf Vergeltungsschläge, verhängte jedoch zunächst eine vollständige Blockade der Palästinenserstädte innerhalb des Autonomiegebiets.
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