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Angola: Diamantenf�rderung in Afrika

 
Die Mehrheit der in Afrika geförderten Diamanten trägt in ihren Förderländern zur wirtschaftlichen Entwicklung und politischen Stabilität bei – so in Südafrika, Botsuana und Namibia sowie neuerdings auch in Tansania. Doch in Sierra Leone, Angola und der DR Kongo dienen die Erlöse aus illegalem Diamantenhandel hauptsächlich dem Erwerb neuer Waffen und verhindern so eine friedliche Beilegung der Bürgerkriege. Diamanten als Quelle von WohlstandDer weitaus größere Teil der in Afrika geförderten Diamanten stammt aus friedlichen Staaten wie Südafrika, Namibia und Botsuana. Dort tragen sie wesentlich zum privaten und auch staatlichen Einkommen bei. Südafrika: In der Republik Südafrika waren die Diamantenfunde seit 1870 die damals umfangreichsten der Welt. Die Einnahmen aus den ab 1886 in den Goldlagerstätten im Witwatersrand ausgebeuteten Edelsteinen machten aus dem Agrarland Südafrika schließlich einen Industriestaat (Produktionswert der Diamanten 1999 776 Mio. US-$).

Parallel dazu entwickelte sich die vom britischen Politiker Cecil Rhodes (1853–1902) 1880 in Südafrika gegründete Diamantengesellschaft De Beers zum grössten Edelsteinkonzern der Welt, der heute nach eigenen Angaben 44% der internationalen Förderung stellt. Nach anderen Quellen kontrolliert De Beers mit seinem Hauptsitz in Südafrika sogar rund 70% aller Rohdiamanten und etwa die Hälfte aller Diamantenminen weltweit. Namibia: Im benachbarten Namibia wurden 1908, noch zu deutscher Kolonialzeit, die ersten Diamanten gefunden, die über lange Zeit die wichtigste Devisenquelle waren. Im so genannten »Sperrgebiet«, einem 100 km breiten und 250 km langen Wüstengebiet entlang der Atlantikküste, werden jährlich Edelsteine im Volumen zwischen 1–2 Mio. Karat aus dem Sand gebaggert (Produktionswert 1999 430 Mio. US-$, davon 150 Mio. US-$ aus dem Konfliktgebiet). Die namibischen Rohdiamanten gehören zu den wertvollsten der Welt und bringen mit durchschnittlich 315 US-$ pro Karat die höchsten Preise (in Südafrika und Botsuana 105 US-$). Größter Förderer ist Namdeb, ein 50:50-Joint-Venture zwischen De Beers und der namibischen Regierung. Seit 1990 werden Diamanten auch durch Schiffe aus dem Meeresboden zwischen Oranjemund und Lüderitz gefördert. Botsuana: Der heute weltweit größte Diamantenförderer (Produktionswert 1999 1,782 Mrd. US-$) ist das zwischen Namibia und Südafrika gelegene, 1966 unabhängig gewordene Botsuana. Der Diamantenabbau begann 1971 - auch hier in einem 50:50-Joint-Venture zwischen der Regierung und De Beers. Die Diamanten, die mit 74 % zu den Exporteinnahmen des Landes beitragen, haben Botsuana ein jährliches Bruttosozialprodukt (BSP) je Einwohner von 3070 US-$ (1998) gebracht. Innerhalb eines Vierteljahrhunderts wurde durch die Edelsteine aus dem armen Botsuana eines der reichsten Länder des Kontinents. In letzter Zeit wurde die Kapazität der Mine Orapa auf 12 Mio. Karat jährlich verdoppelt; sie fördert damit allein mehr als Südafrika und Namibia zusammen. Tansania: Neuerdings trägt auch in Tansania die Diamantenförderung (Produktionswert 1999 24 Mio. US-$) zum Wohlstand des Landes bei und unterstützt neben der wirtschaftlichen auch die demokratische Entwicklung. Diamanten zum Waffenerwerb (»Blutdiamanten«)Während der Diamantenkonzern De Beers den Anteil der zurzeit in Konfliktregionen geförderten so genannten »Blutdiamanten« auf weniger als 4% der Gesamtproduktion veranschlagt, geht die US-Regierung davon aus, dass bis zu 15% aller weltweit geförderten Diamanten aus afrikanischen Kriegsgebieten kommen. Und solange es einen Markt gibt, werden die Konflikte trotz aller Friedensverträge nicht beendet werden können. Fast immer werden die Steine dabei aus den Konfliktzonen in Nachbarländer geschmuggelt und von dort mittels gefälschter Zertifikate in die Schleifzentren nach Antwerpen (Belgien) oder Tel Aviv (Israel) gebracht, wo sie fast ohne Kontrolle verkauft werden. Mauritius etwa konnte seine Diamantenexporte von 1998 bis 1999 um 4400% auf 5,6 Mio. US-$ erhöhen, obwohl dort gar keine Diamanten gefördert werden. Ähnliche Zahlen gibt es für Ruanda, Uganda oder Simbabwe, die alle am Krieg in der DR Kongo beteiligt sind und deren Führungsschichten sich an dortigen Bodenschätzen bereichern.

Ein Großteil der »Blutdiamanten« kommt aus Sierra Leone, Angola und der DR Kongo. Sierra Leone: In Sierra Leone, das mit einem jährlichen BSP von 140 US-$ je Einwohner (1998) zu den ärmsten Ländern der Welt zählt, dient die Diamantenschürfung (Produktionswert 1999 70 Mio. US-$) vor allem der Finanzierung der Rebellen der Revolutionary United Front (RUF), die seit 1991 nicht nur die Regierung bekämpfen, sondern auch unter der Zivilbevölkerung einen grausamen Terror ausüben. In den von ihnen kontrollierten Gebieten rund um Kono und Koido sind die Edelsteine mit der Hand aus alten Flussbetten abbaubar. Tausende Schürfer sind dort tätig, verkaufen die Steine an die Rebellen, die ihrerseits dann die Rohdiamanten vor allem über Liberia veräussern und dafür Waffen kaufen. Der Präsident von Liberia, Charles Ghankay Taylor, ein Verbündeter der RUF, ist stark in den Waffen- und Diamantenhandel verstrickt. Das Kriegsmaterial für die RUF-Rebellen kommt zu großen Teilen aus Osteuropa und wird von dort nach Liberia geflogen, von wo es auf dem Landweg in die Konfliktzone in Sierra Leone gelangt. Der US-Unterstaatssekretär für politische Angelegenheiten, Thomas Pickering, warnte bei einem Besuch in Liberia die dortige Regierung vor diesem illegalen Diamanten- und Waffenhandel, dessen Fortsetzung Sanktionen gegen Liberia auf den Plan rufen würde. Es wird geschätzt, dass Liberia in den vergangenen zwei Jahren Diamanten im Wert von über 300 Mio. US-$ offiziell exportiert hat, obwohl dort jährlich nur etwa 0,5 Mio. Karat gefördert werden.

Der UN-Sicherheitsrat verhängte am 6.7.2000 gegen die Diamanten aus Sierra Leone einen internationalen Handelsboykott. Angola: Mit einem Boykott wurden schon seit 1997 Diamanten aus dem Operationsgebiet der angolanischen União Nacional para a Independência Total de Angola (UNITA) belegt. Diese hatte vor allem zwischen 1992 und 1996 den besten Zugriff auf die jährliche Diamantenförderung im Norden des Landes im Volumen von etwa 1 Mio. Karat. Es wird geschätzt, dass die UNITA in dieser Zeit bis zu 4 Mrd. US-$ daraus erwirtschaftete, die zur Finanzierung ihres Kriegs gegen die Regierung benutzt werden. Nach der Offensive der Regierungstruppen 1998/99 gingen den Rebellen zwar zahlreiche Schürfgebiete verloren, doch die jährliche Ausbeute der UNITA wird von De Beers noch immer auf 150 Mio. US-$ geschätzt. Und die Regierungseinnahmen bleiben zu einem großen Teil bei den Militärs, denen Konzessionen übereignet wurden. Somit tragen die Diamanten auch in Angola (Produktionswert 1999 insgesamt 468 Mio. US-$) zur Verlängerung des blutigen Bürgerkriegs bei. Die Sanktionen des UN-Sicherheitsrats gegen die UNITA werden – so stellte eine Untersuchungskommission der UN unter Leitung des kanadischen UN-Botschafters Robert Fowler am 15.3.2000 fest – durch mindestens sieben afrikanische Staaten unterlaufen, die der UNITA behilflich sind, im Gegengeschäft für Diamanten Waffen zu kaufen und Geld zu waschen. Genannt werden die Präsidenten von Togo und Burkina Faso, Gnassingbé Eyadéma und Blaise Campaoré, sowie der ruandische Vizepräsident Paul Kagame, die die UNITA mit Waffen versorgt hätten. Togo und die Elfenbeinküste hätten als Banken für die Rebellen fungiert, nachdem die UN 1997 die Konten der UNITA eingefroren hatten. Aber auch Staatsdiener aus Gabun, den beiden Kongos und aus Südafrika hätten die Sanktionen unterlaufen. DR Kongo: In der benachbarten Demokratischen Republik Kongo rief die Regierung unter Präsident Laurent-Desiré Kabila 1998 Truppen aus Simbabwe, Angola und Namibia zur Hilfe, als von Uganda, Ruanda und Burundi unterstützte Aufständische immer weitere Gebiete des Landes eroberten, darunter auch die diamantenreiche Gegend um Kisangani. Doch die Einnahme der wichtigsten Diamantenfelder in der Kasai-Region bei Mbuji-Mayi konnte so verhindert werden. Rund ein Zehntel der kongolesischen Edelsteine, die aber zum grossen Teil weniger hoch bewertete Industriediamanten sind, kommen gegenwärtig aus den Rebellen-Gebieten. Der Produktionswert der Diamanten aus Angola betrug 1999 396 Mio. US-$, davon kamen 35 Mio. US-$ aus dem Konfliktgebiet. UN-Embargo gegen Sierra LeoneDer UN-Sicherheitsrat verhängte am 6.7.2000 ein weltweites Verbot des Handels mit Diamanten aus Sierra Leone, um die wichtigste Geldquelle der dortigen RUF-Rebellen, die schätzungsweise 9 % der sierra-leonischen Diamanten-Schürfgebiete kontrollieren, zu unterbinden. Mit Ausnahme Malis stimmten alle Mitglieder des Sicherheitsrats für eine entsprechende Resolution, die zunächst für eine Dauer von 18 Monaten die direkte oder indirekte Einfuhr von Rohdiamanten verbietet, die nicht nachweislich aus Minen stammen, die von der Regierung von Sierra Leone kontrolliert werden. Der Sicherheitsrat fordert in seiner Resolution insbesondere Transitländer zur Einhaltung des Embargos auf. Über die genaue Rolle des Diamantenhandels soll der Sanktionsausschuss des Sicherheitsrats eine »exploratorische Anhörung« durchführen. Mit dem Zusammenhang zwischen dem Diamanten- und dem Waffenhandel sowie mit Verletzungen des Embargos soll sich sodann ein Expertengremium befassen.

Das Verbot des Handels mit Diamanten wird anfänglich praktisch für alle Diamanten aus Sierra Leone gelten, da die Regierung erst noch ein zuverlässiges System der Herkunftsbezeichnung schaffen muss. Es ist auch nicht sicher, dass sich die Handelssperre durchsetzen lässt, denn die Herkunft der Edelsteine ist naturgemäss oft nur schwer festzustellen; ähnliche Zwangsmassnahmen gegen die UNITA in Angola haben den illegalen Handel nicht völlig unterbinden können. Maßnahmen der Diamantenindustrie:Die Diamantenindustrie hat erste Maßnahmen gegen den illegalen Handel von Edelsteinen aus Kriegsgebieten (»Blutdiamanten«) ergriffen. In einer Erklärung der Union der Diamantenbörsen und der Internationalen Vereinigung der Diamantenproduzenten in Antwerpen vom 19.7.2000 heißt es, es werde ein weltweites Kontrollsystem eingerichtet, mit dem die Herkunft von gehandelten Diamanten ausfindig gemacht werden könne. Die Massnahme solle verhindern, dass mit dem illegalen Verkauf von Diamanten Kriege in Afrika finanziert werden.

Von der Registrierung nicht erfasst werden können allerdings jene Geschäftsleute, die illegal mit Diamanten handeln. So drängen seit einigen Jahren auch Gruppen in den Diamantenmarkt, die sich nicht an Kontrollmaßnahmen halten werden. Ein Teil des Diamantenhandels, der traditionell von Juden geführt wurde, befindet sich bereits in den Händen der georgischen, israelischen oder indischen Edelsteinmafia.

 
 

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