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Indien: Chronik

 
Regierung und Parteien: Bei den Parlamentswahlen in den Bundesstaaten Madhya Pradesh und Rajasthan sowie im Bundesterritorium Delhi am 25.11. 1998 muß die regierende nationalistische Hindupartei Bharatiya Janata Party (BJP) hohe Stimmenverluste hinnehmen, während die oppositionelle Kongreßpartei entsprechend hohe Gewinne verbucht. Häufiger Ausfall der Wasser- und Stromversorgung und gestiegene Preise für Grundnahrungsmittel haben zu diesem Meinungswandel beigetragen. Die Wahl im Bundesstaat Mizoram können zwei der BJP nahestehende Regionalparteien für sich entscheiden.

Premierminister Atal Behari Vajpayee (BJP), der in Personalunion bisher auch das Außenministerium leitete, betraut am 5.12. Jaswant Singh mit diesem Ressort.

Nachdem am 14.4. 1999 die tamilische Regionalpartei AIADMK die aus 15 Parteien bestehende Koalition verläßt und die Regierung am 17.4. die Vertrauensabstimmung im Unterhaus verliert, erklärt Vajpayee seinen Rücktritt. Als einer der Gründe für die Niederlage der von der BJP geführten Koalition gilt die Religionspolitik der BJP, die nach Ansicht ihrer Kritiker die Trennung von Staat und Religion mißachtet und die Verfolgung christlicher und muslimischer Minderheiten durch Hindus duldet. Staatspräsident Kocheril Raman Narayanan beauftragt zunächst die Präsidentin der Kongreßpartei, Sonia Gandhi, mit der Regierungsbildung. Nachdem diese sich keiner parlamentarischen Mehrheit versichern kann, löst er am 26.4. das Parlament auf; bis zu den für September vorgesehenen Neuwahlen bleibt die Regierung unter Vajpayee im Amt.


Religions- und Kastenkonflikte

Seit Antritt der BJP als dominierende Regierungspartei im März 1998 häufen sich die Übergriffe radikaler Hindu-Gruppen, zu denen auch die Bajrang Dal, Jugendorganisation der BJP, gehört, auf Angehörige und Einrichtungen der christlichen Minderheit (2,3 %); in den Bundesstaaten Gujarat, Karnataka, Kerala und Orissa werden Kirchen in Brand gesetzt, Priester verprügelt, Nonnen vergewaltigt. In einer Fernsehansprache am 30.1. 1999 verurteilt Premierminister Vajpayee diese Gewalttaten, in Delhi demonstrieren an diesem Jahrestag der Ermordung Gandhis etwa 10000 Menschen für Frieden und Toleranz. Der fundamentalistische Weltrat der Hindus wirft den Christen Zwangsbekehrungen zum Christentum vor und behauptet, Zeitungsberichten vom 13.1. zufolge, deren Zahl habe zugenommen, seit die Katholikin Sonia Gandhi Chefin der Kongreßpartei sei.

Im ostindischen Bundesstaat Bihar fordert eine Art Klassen- und Kastenkrieg innerhalb der ersten drei Monate des Jahres 1999 mehr als 80 Tote. Hintergrund sind Spannungen zwischen der von den Landbesitzern der Bhumihar-Kaste unterhaltenen Privatmiliz Ranvir Sena und drei maoistischen Guerillaorganisationen, die sich für eine radikale Umverteilung des Landbesitzes zugunsten der sozial geächteten Unberührbaren, der Kaste der Dalit, einsetzen.


Kashmirkonflikt

Nach ihrem Treffen in New York am 23.9. 1998 erklären die Regierungschefs Indiens und Pakistans, Vajpayee und Nawaz Sharif, die in der Kashmirregion wieder aufgeflammten Kämpfe einstellen zu lassen und eine neue Ära in den Beziehungen beider Länder einleiten zu wollen, die auch eine Lösung des Kashmirkonflikts ermöglichen solle. Während eines erneuten »Versöhnungs«-Gipfeltreffens am 20. / 21.2. 1999 anläßlich der Eröffnung der ersten Busverbindung zwischen Indien (Amritsar) und Pakistan (Lahore), verständigen sich beide Seiten in der Erklärung von Lahore auf vertrauensbildende Maßnahmen und die Fortführung der Gespräche über die umstrittene Kashmirregion.

Artilleriegefechte an der Waffenstillstandslinie ab 10.5. im Grenzabschnitt Kargil-Dras im Himalaja münden in die schwerste militärische Konfrontation beider Staaten seit dem indisch-pakistanischen Krieg 1971. Indische Truppen und Luftwaffe bekämpfen an der Waffenstillstandslinie muslimische Separatisten der Organisation Lashkar-e-Tayyaba (600-800 Mann), die ein Hochtal besetzt halten. Pakistan weist Indiens Vorwurf zurück, die Unabhängigkeitskämpfer zu steuern und sie durch eigene Truppen zu unterstützen und demonstriert seinerseits Kriegsbereitschaft. Ein Außenministertreffen beider Seiten am 12.6. im indischen Srinagar führt zu keiner Entspannung. Am 11.7. gibt der pakistanische Außenminister Sartaj Aziz bekannt, man habe sich mit Indien auf einen Waffenstillstand geeinigt; die auf indisches Territorium eingedrungenen Rebellen sollen sich innerhalb von 14 Tagen zurückziehen.


Weitere außenpolitische Ereignisse

Am 25.9. 1998, einen Tag nach einer entsprechenden Erklärung des pakistanischen Regierungschefs Sharif, gibt Premierminister Vajpayee in einer Rede vor den Vereinten Nationen (UN) in New York die Zusicherung, Indien werde dem internationalen Atomteststoppabkommen beitreten, ohne damit auf den Aufbau seines nuklearen Abschreckungspotentials zu verzichten. Zu einer Unterzeichnung des Vertrags kommt es vorläufig nicht, da die seit 17.4. 1999 amtierende Übergangsregierung laut indischer Verfassung hierzu nicht mehr befugt ist.

Der indische und der russische Regierungschef kündigen während des Besuchs von Jewgenij Primakow am 22.12. 1998 in Delhi die Bildung einer strategischen Partnerschaft Rußlands und Indiens und eine engere militärische Zusammenarbeit beider Länder an. Die indische Armee bezieht rd. 80 % ihrer Ausrüstung aus Rußland. Indien reagiert zunächst kühl auf Primakows Vorschlag, zusammen mit China ein strategisches Dreieck zu bilden. Nach der Aufnahme der NATO-Luftschläge gegen die BR Jugoslawien im Kosovokonflikt am 24.3. 1999, die in Indien einhellig verurteilt werden, qualifiziert Premierminister Vajpayee den Plan als mögliche Antwort auf die »unipolare Weltordnung« mit den USA als einziger Supermacht.
 
 
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