Bis Anfang 1997 waren die aufstrebenden Entwicklungs- und Schwellenländer Ost- und Südostasiens ein »Wachstumspol« der Weltwirtschaft. Weltweit galten sie als Vorbilder für die zielstrebige Entwicklung ehemals armer Länder zu Industrieländern. Im Lauf des Jahres 1997 zeigte sich, daß der wirtschaftliche Erfolg in einigen dieser Länder auf »schwankendem Boden« stand, daß es sich um eine »bubble economy«, eine Seifenblase, gehandelt hatte, einen durch Spekulation und ungenügend abgesicherte Kredite aufgeblähten Boom, dem eine solide Grundlage fehlte. Die Wirtschaftszahlen für 1998 zeigen das ganze Ausmaß der Krise. Länder, die jährliche Zuwachsraten des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 5-10% gewohnt waren, zeigten abnehmende Wirtschaftsergebnisse. Das BIP ging in Indonesien um 13,7%, in Thailand um 8,0%, in Südkorea um 5,5%, in Hongkong um 5,1% und auf den Philippinen um 0,5% zurück, und auch die Abnahme in Japan um 2,8% hängt - neben anderen Ursachen - mit der Rezession bei seinen wichtigen Außenhandelspartnern zusammen. Singapur (+1,5%), der Rep. China (+4,9%) und der VR China (+7,8%) gelang es durch rechtzeitige staatliche Intervention und eine geschicktere Finanz- und Währungspolitik, nicht in die ökonomische Abwärtsbewegung hineingerissen zu werden. Sie mußten nur Wachstumseinbrüche hinnehmen. In den wichtigsten betroffenen Ländern führte der Zusammenbruch von Banken, Versicherungen und von zahlungsunfähig gewordenen Bau- und Industriefirmen zu einem raschen Anstieg der Arbeitslosigkeit, so z.B. in Südkorea von 2,0 (1996) auf 6,8% (1998) und in Malaysia von 2,5 (1996) auf 8% (Ende 1998). Besonders dramatische Auswirkungen hatten die Firmenzusammenbrüche in Indonesien, wo die Arbeitslosigkeit bis Anfang 1999 auf 22% anstieg. Eine weitere Folge der Krise waren die massiven Einbrüche im Außenhandel, die sich auch in Europa auswirkten. Wegen fast bis auf Null zurückgegangener Unternehmensinvestitionen, massiv gesunkener Kaufkraft der Bevölkerung und genereller Zurückhaltung im privaten Verbrauch nahmen Im- wie Exporte stark ab, letztere vor allem wegen der engen Handelsverflechtungen innerhalb der Region. Insbesondere die Konsumzurückhaltung in Japan führte zu massiven Verlusten in den ASEAN-Staaten. Insgesamt ging der Importwert z.B. in Thailand 1998 um 35,5% zurück, in Südkorea um 35,4, in Indonesien um 34,0 und in Malaysia um 25,9%. Der Rückgang der Exporte lag in Indonesien bei 8,9, in Hongkong bei 7,4, in Malaysia bei 7,0 und in Thailand bei 6,4%. So entwickelte sich ein »Teufelskreis« von Nachfrage- und Absatzschwäche aufgrund stockender Investitionen und rigoroser Sparpolitik, nachdem die Länder der Region jahrelang über ihre Verhältnisse gelebt und über den Bedarf hinaus investiert hatten. Um aus der Krise herauszukommen und wieder an ein wirtschaftliches Wachstum anzuknüpfen, dienten zunächst, als eine Art Soforthilfe, hohe Kredite des Internationalen Währungsfonds (IWF) - allein 1997 / 98 insgesamt rd. 115 Mrd. US- $ - zur Stabilisierung der Währungen und als Hilfen für den Neuaufbau eines leistungsfähigen Bankensystems. Als Hauptaufgabe sieht der IWF die Durchführung von Strukturreformen im Finanzbereich, wie Verschärfung der Bankenaufsicht und Transparenz der Finanzströme, Maßnahmen gegen Kapitalabfluß, Deregulierung der Märkte und Aufhebung von Monopolen, Kürzungen der Staatshaushalte, z.B. durch Einstellung des Baus prestigeträchtiger, aber unwirtschaftlicher Infrastrukturgroßprojekte, Privatisierung von Staatsunternehmen und massive Kürzungen von Subventionen und im Sozialbereich.
Die 1998 begonnene und 1999 fortgesetzte Umsetzung dieser Maßnahmen führte zu einer Verschärfung sozialer Gegensätze, einer Erhöhung der Arbeitslosigkeit und zu stärkerem ausländischen Einfluß auf die Wirtschaft der betroffenen Länder, jedoch auch zu einem Aufstieg aus der »Talsohle«. Im Lauf des Jahres 1999 war eine gewisse Aufwärtsentwicklung zu beobachten, am stärksten in Südkorea. Unterstützt wurde diese durch eine expansive Geldpolitik, mit der dem Finanzsektor neues Kapital zugeführt und die Wirtschaft mit Hilfe von Krediten wieder angekurbelt werden sollte. In Indonesien kamen außerdem dringend notwendige politische Reformen nach der langen Zeit der korrupten Suharto-Diktatur hinzu. Insgesamt rechnet der IWF damit, daß der Tiefpunkt der Entwicklung überall 1998 erreicht war und es 1999, spätestens 2000, wieder spürbar aufwärts geht. Für die gesamte Region wird für 1999 bereits wieder mit einem leichten Wirtschaftswachstum gerechnet. Ein Hindernis für eine schnellere Erholung ist die auch 1999 anhaltende Konjunkturschwäche Japans, das seine früher wichtige Rolle als starker Handelspartner und wirtschaftlicher »Schrittmacher« in Ostasien nicht spielen kann. Andererseits wurde die Rolle der Volksrepublik China deutlich gestärkt. Als Ergebnis wird sich nach Meinung vieler Fachleute eine wesentlich stärkere Stellung Chinas innerhalb der Region herauskristallisieren, sofern es der Führung des Landes gelingt, das gegenwärtige Wachstum auch in den nächsten Jahren aufrechtzuerhalten.
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