An die Stelle der bisherigen EWG tritt durch den EU-Vertrag (1993) die Europäische Gemeinschaft (EG) mit neuen bzw. erweiterten Kompetenzen.
Aufgabe der Gemeinschaft (Art. 2 EG-Vertrag) ist es, »in der ganzen Gemeinschaft eine harmonische, ausgewogene und nachhaltige Entwicklung des Wirtschaftslebens, ein hohes Beschäftigungsniveau und ein hohes Maß an sozialem Schutz, die Gleichstellung von Männern und Frauen, ein beständiges, nichtinflationäres Wachstum, einen hohen Grad von Wettbewerbsfähigkeit und Konvergenz der Wirtschaftsleistungen, ein hohes Maß an Umweltschutz und Verbesserung der Umweltqualität, die Hebung der Lebenshaltung und der Lebensqualität, den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt und die Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten zu fördern.«
Die Politiken der Gemeinschaft umfassen freien Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital (Binnenmarkt), Landwirtschaft, Verkehr, Visa, Asyl, Einwanderung und andere den freien Personenverkehr betreffenden Politiken, gemeinsame Regeln betreffend Wettbewerb, Steuerfragen und Angleichung von Rechtsvorschriften, Wirtschaft- und Währungspolitik, Beschäftigung, gemeinsame Handelspolitik, Zusammenarbeit im Zollwesen, Sozialpolitik, allgemeine und berufliche Bildung und Jugend, Kultur, Gesundheitswesen, Verbraucherschutz, Transeuropäische Netze (TEN), Industrie, wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt (Kohäsion), Forschung und technologische Entwicklung, Umwelt und Entwicklungszusammenarbeit.
Kompetenzen: Die EG besitzt Rechtspersönlichkeit und eine eigene Rechtsordnung, die auf dem Gebiet der Gemeinschaft unmittelbar Anwendung findet. Die Gemeinschaft kann in dem Ausmaß, in dem die Mitgliedstaaten ihr im Rahmen der Verträge Befugnisse zugewiesen haben, durch ihre supranationalen Organe mit exekutiven Befugnissen Recht setzen, das nicht nur für die Gemeinschaft und ihre Organe, sondern auch für die Mitgliedstaaten und deren natürliche und juristische Personen unmittelbar gilt. Der Grad der Kompetenzübertragung hängt ab vom Tätigkeitgebiet: In einigen Bereichen wird eine »einheitliche Politik (Geld- und Wechselkurspolitik in den EU-Staaten, die den Euro als gemeinsame Währung eingeführt haben), auf anderen Gebieten eine »gemeinsame« Politik vereinbart (z.B. Landwirtschaft, Fischerei, Verkehr, Handel); in weiteren Bereichen sind nur eine enge Koordinierung (z.B. Wirtschaftspolitik), »eine« Politik (z.B. Umwelt- und Sozialpolitik, Entwicklungszusammenarbeit), ein »Beitrag« (z.B. Gesundheits- und Verbraucherschutz, Bildung, Kultur), »Maßnahmen« (z.B. freier Personenverkehr, Energie, Katastrophenschutz, Fremdenverkehr) oder die »Förderung« (z.B. Koordinierung der Beschäftigungspolitik, Forschung) unter Beachtung des Subsidiaritätsprinzips vorgesehen. Die Erfordernisse des Umwelt-, Gesundheits- und Verbraucherschutzes sowie das Ziel eines hohen Beschäftigungsniveaus sind bei Festlegung und Durchführung aller Gemeinschaftspolitiken zu berücksichtigen. Bei Fördermaßnahmen in den Bereichen Bildung, Kultur und Gesundheitswesen ist jedoch ausdrücklich »jegliche Harmonisierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten« ausgeschlossen.
Aufbau eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts: Die Bereiche Kontrolle der EU-Außengrenzen, Asyl, Einwanderung und justitielle Zusammenarbeit in Zivilsachen, die bisher Teilbereiche des dritten Pfeilers der EU waren, werden durch den Vertrag von Amsterdam (1999) in den Gemeinschaftsrahmen (erster Pfeiler der EU) überführt. Der Schengen-Besitzstand (Abschaffung der Kontrollen an den Binnengrenzen) wird mit einem Protokoll zum Vertrag in den EU-Rahmen einbezogen; d.h. die Mitgliedstaaten, die die Schengen-Übereinkommen unterzeichnet haben, stellen ihre Zusammenarbeit beim Abbau der Binnengrenzen in den rechtlichen und institutionellen Rahmen der EU. Die Vergemeinschaftung soll binnen fünf Jahren erfolgen. Während dieser Übergangszeit erläßt der Rat einstimmig auf Vorschlag der Kommission oder eines Mitgliedstaats nach Anhörung des EP Maßnahmen zum schrittweisen Aufbau eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (Abschaffung der Kontrollen an den Binnengrenzen, Kontrolle der EU-Außengrenzen, Asyl, Einwanderung und justitielle Zusammenarbeit in Zivilsachen). Nach fünf Jahren erhält die Kommission das alleinige Initiativrecht, und der Rat beschließt einstimmig die Teilbereiche, für die zum Mitentscheidungsverfahren überzugehen ist und die Bestimmungen über die Zuständigkeit des E u GH anzupassen sind. - Die gemeinsame Visapolitik wurde bereits durch den EU-Vertrag (1993) eingeführt; der Rat bestimmt auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des EP mit qualifizierter Mehrheit die dritten Länder, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der EU-Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen.
Unionsbürgerschaft: Durch die mit dem EU-Vertrag (1993) eingeführte, die nationale Staatsbürgerschaft ergänzende Unionsbürgerschaft erhalten die Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten bestimmte Rechte: u.a. Recht auf Freizügigkeit und Aufenthalt in der EU, aktives und passives Wahlrecht am Wohnsitz bei Kommunalwahlen und EP-Wahlen, diplomatischen Schutz in Drittstaaten, Petitionsrecht beim EP und Recht auf Anhörung durch den Bürgerbeauftragten.
Subsidiarität (Art. 5 EG-Vertrag): In Bereichen, die nicht in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen, wird die Gemeinschaft nur tätig, sofern und soweit die Ziele der Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend und daher wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen besser auf Gemeinschaftsebene erreicht werden können. Ein Protokoll zum Vertrag von Amsterdam präzisiert Bedingungen und Kriterien für die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit.
Amtssprachen: Dänisch, Deutsch, Englisch, Finnisch, Französisch, Griechisch, Italienisch, Niederländisch, Portugiesisch, Schwedisch und Spanisch. Zusätzliche Vertragssprache: Irisch.
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