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Weltreligion Hinduismus

 
Der Hinduismus, dessen �lteste Quellen um 1700 v. Chr. datieren, ist mit 851,29 Mio. Anh�ngern (13,3% der Weltbev�lkerung) die drittgr��te der f�nf Weltreligionen � nach dem im 1. Jh. entstandenen Christentum mit heute etwa 2 Mrd. Anh�ngern (darunter 1,1 Mrd. getaufte Katholiken) und dem im 7. Jh. entstandene Islam mit 1,3 Mrd. Anh�ngern. Die beiden weiteren Weltreligionen sind der im 6. Jh. v. Chr. entstandene Buddhismus (377 Mio. Anh�nger) und das Judentum, dessen Anf�nge in das 2. Jahrtausend v. Chr. zur�ckreichen (13,3 Mio. Anh�nger). �Hinduismus� ist der von den englischen Kolonialherren Ende des 18. Jh. gepr�gte Sammelname f�r die verschiedenen Religionen Indiens, die sp�ter weltweite Verbreitung fanden. Der Begriff Hinduismus leitet sich von dem von den antiken Persern verwendeten Wort Hindu (sanskrit: Sindhu, Fluss) ab, das sich urspr�nglich auf das Indus-Tal bezog. Die Bezeichnung Indus wurde sp�ter zur Bezeichnung aller Bewohner des indischen Subkontinents verwendet (�Inder�). Der Hinduismus bildet in vielfach gewandelter Form die historische Fortsetzung des in Indien ca. 800�500 v. Chr. dominierenden Brahmanismus. Mit diesem verbindet den Hinduismus, dass auch er den Dharma (Moral, Kultus, Recht, Sitte) als Weltordnung repr�sentiert. Dies �u�ert sich u. a. darin, dass er sich zum Kastensystem bekennt, die Lehre von der Wiedergeburt �bernimmt und die heiligen Schriften (Veden) als g�ttliche Offenbarung anerkennt. Die Veden (sanskrit: Wissen) sind die wichtigsten religi�sen Quellen der Indoarier, die in der zweiten H�lfte des 2. Jahrtausends v.Chr. in das Indus-Tal einwanderten und deren Kultur als Ursprung des Hinduismus gilt. Seit etwa 1700 v.Chr. in der Priesterkaste m�ndlich �berliefert, wurden die Schriften um 800 v.Chr. in vier Sammlungen � vier Veden � zusammengefasst, die u.a. G�tterhymnen, rituelle Anweisungen sowie magische und okkulte Texte und Rituale enthalten. Sie enthalten aber auch in sich widerspr�chliche Lehren wie beispielsweise mehrere Sch�pfungsmythen. Die �ltesten Schriften sind der Rig-Veda (Veda der Verse, Hymnen zum Anrufen und Preisen der G�tter), Sama-Veda (Veda der Ges�nge), Yajur-Veda (Veda der Opferformeln und Atharva-Veda (Veda der Magie mit Beschw�rungen gegen Krankheiten und Feinde sowie Gebeten zur Vergebung von Opferfehlern). Den Abschluss der Veden bilden die Upanishaden, eine Art Geheimlehre. Die in ihnen enthaltenen Lehren, wie durch kontemplative Techniken der Heilsweg beschritten werden kann, bilden die Grundlage der hinduistischen Religionsphilosophie. Daneben gibt es u.a. die Puranas (alte Erz�hlungen), die die Mythologien der hinduistischen Religionen �berliefern. G�ttervielfalt ist ein Hauptmerkmal des Hinduismus. Im Unterschied zu den anderen Weltreligionen kennt der Hinduismus keinen gemeinsamen Religionsstifter, kein f�r alle gleicherma�en g�ltiges Glaubensbekenntnis und auch keine zentrale Institution, die Autorit�t f�r alle Hindus h�tte. Es gibt eine Vielzahl (lokal und regional verehrter) hinduistischer Gottheiten. Die drei wichtigsten (Trimurti; dreifache Manifestation Gottes) sind Brahma (Sch�pfer), Vishnu (Bewahrer) und Shiva (Zerst�rer). Neben ihrem Hauptgott k�nnen sich Hindus je nach Bed�rfnislage auch verschiedenen anderen G�ttern zuwenden. Die Hauptstr�mungen des Hinduismus sind nach Vishnu und Shiva benannt � der Vishnuismus und der Shivaismus. Beide zeigen zwar unterschiedliche Wege zur Erl�sung auf, sind in ihren Grundvorstellungen jedoch �hnlich. Die Anh�nger des Vishnuismus, der zahlenm��ig gr��ten indischen Religion, sehen in ihrem Gott oft nicht nur den h�chsten, sondern auch den einzigen Gott. Im Shivaismus kommt Shiva die zentrale Rolle als das h�chste Wesen zu. Er �berragt alle anderen G�tter an Macht und hat sie zudem erschaffen. Heute wird Shiva kaum noch als Zerst�rer, sondern als ein freundlicher Gott wahrgenommen. Eine dritte Hauptrichtung der Gottesverehrung im Hinduismus ist der Shaktismus. Dessen Anh�nger verehren Shakti, die weibliche Urkraft des Universums, die sich in einer oder mehreren weiblichen Gottheiten manifestiert. Der Shaktismus ist eng verwoben mit dem Tantrismus, einer spirituellen Str�mung und Erkenntnislehre, die den Zugang zu Gott und zum eigenen Selbst als Ziel hat. H�chstes Ziel eines Hindu ist die Verschmelzung seiner individuellen Seele (Atman) mit der eigenschaftslosen Weltenseele (Brahman). Um das Ziel der Erl�sung (Moksha) zu erreichen, also dem sich st�ndig wiederholenden Kreislauf von Leben, Tod und Wiedergeburt (Samsara) zu entrinnen, ist Dharma das Mittel, sich diesem Ziel zu n�hern. Durch den Dharma wird das Leben bis ins Kleinste bestimmt, der Mensch muss seinem Dharma gehorchen. Art und H�he der n�chsten Existenz wird vom Gesetz des Karma (Wirken, Tat) bestimmt � der Summe aller guten und schlechten Taten eines Wesens und die Auswirkungen, die diese auf das aktuelle und zuk�nftige Leben dieses Wesens haben. Jedwede Geburt ist als solche und in ihrer Art und Qualit�t karmisch bedingt; welches Karma aber zu guter oder schlechter Geburt f�hrt � wie also das gegenw�rtige Leben gestaltet ist � regelt letztlich der Dharma. Das Hauptritual der Hindus ist die Puja (Verehrung), die zeremonielle Anbetung von G�tterbildern und -symbolen in Tempeln oder zu Hause, u.a. durch Anrufungen, Rezitationen von heiligen Versen und Darbringung von Opfergaben, zu denen auch Speisen geh�ren. Zur religi�sen Praxis geh�ren auch Wallfahrten zu den vielen heiligen Orten, Meditation und von S�nden reinigende Waschungen in als besonders heilig erachteten Fl�ssen � etwa im �heiligen Strom� Ganges. Zu den verschiedenen Feiern z�hlen das am Vollmond des Hindumonats Phalgun (Februar/M�rz) gefeierte Neujahrs- und Fruchtbarkeitsfest Holi und das am Neumondtag des Hindumonats Kartik (Oktober/November) stattfindende Lichterfest Divali, an dem der Sieg des Guten und Reinen �ber das B�se und des Wissens �ber die Ignoranz gefeiert wird. In Nordindien beginnt an diesem Tag das neue Jahr. Zu weiteren Ritualen geh�ren spirituelle �bungen, die von den unterschiedlichsten Erl�sungslehren inspiriert sind und von einem geistigen Lehrer (Guru) �berwacht werden sowie die geistigen und k�rperlichen �bungen der Versenkung (Yoga), die die Einsicht in die ewig unber�hrte Natur der Seele herbeif�hren sollen. Das Kastenwesen, ein System gesellschaftlicher Kategorien, pr�gt die hinduistische Religion trotz seiner Abschaffung in der Verfassung weiterhin nachhaltig. Die Kaste (Varna) ist eine soziale Gruppe, in die der Mensch gem�� seinem Karma hineingeboren wird und die den beruflichen Weg, die Wahl des Ehepartners, die Ern�hrung und viele andere Belange beeinflusst. Ein Aufstieg innerhalb eines Lebens von einem Stand in einen anderen ist daher im Prinzip unm�glich. Die vier haupts�chlichen Kasten, die � in h�here und niedrigere Kasten unterteilt � auf der Unterscheidung von Reinheit und Unreinheit beruhen und unterschiedliche religi�se und soziale Pflichten besitzen, sind die Brahmanen (Priester, Geistesarbeiter), die Ksatriyas (Herrscher, Verwalter und Krieger, die die Schwachen sch�tzen, gerecht regieren und den Brahmanen Schutz gew�hren sollen), die Vaishyas (Bauern, Kaufleute, die den Reichtum des Landes vermehren sollen) und die Shudras (Handwerker, die als Bedienstete f�r Brahmanen, Ksatriyas und Vaishyas arbeiten sollen). Unterhalb dieser vierfachen Gliederung steht eine f�nfte Gruppe, die allerdings nicht in ihren Aufbau eingeschlossen ist: die Dalits, die f�r »unreine� T�tigkeiten wie das Gerben von Leder, die Entfernung toter Tiere, Toilettenreinigen und Stra�enkehren zust�ndig sind und heute 15% der indischen Bev�lkerung ausmachen. Der Hindureformer Mahatma Gandhi (1869�1948) nannte sie Harijans (Kinder Gottes), doch ziehen es diese heute vor, sich als Dalits (Bedr�ckte) zu bezeichnen. Vorwiegend praktiziert wird der Hinduismus heute in Indien (etwa 80% der Bev�lkerung geh�ren diesem Glauben an), aber auch in Nepal (ebenfalls 80%), in Bhutan (20%),wo er Staatsreligion ist, in Bangladesch (12%), Sri Lanka (8%, v.a. Tamilen), Malaysia (6,3%), Singapur (4%), Indonesien (2%, besonders auf Bali), Pakistan (1,8%) und in Mauritius (50%), Fidschi (32%), Guyana (29%), Trinidad und Tobago (23%), Suriname (20%) und S�dafrika (1,2%). In Europa leben die meisten Menschen hinduistischen Glaubens in Gro�britannien (1%, meist Nachfahren der Hindus, die im 19. und 20. Jahrhundert als H�ndler und Arbeiter in das Land der Kolonialmacht einwanderten). Aber auch in anderen westlichen Staaten leben zahlreiche Hindus, z.B. in den USA (ungef�hr 800000), in den Niederlanden (160000) und in Deutschland (90000) sowie in den L�ndern des Commonwealth (z.B. Kanada und Australien, jeweils 1% der Bev�lkerung).
 
 

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