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Belgien: Wahlbezirk B-H-V

 
Erst fünf Wochen nach der Parlamentswahl am 10.6.2007 schienen die Vorabklärungen soweit gediehen, dass König Albert II. am 15.7.2007 den christdemokratischen flämischen Wahlsieger und ehemaligen Ministerpräsidenten der Region Flandern, Yves Leterme (CD&V), mit der Bildung der neuen Regierung beauftragte. Der König folgte damit dem Vorschlag des ehemaligen Ministerpräsidenten Jean-Luc Dehaene, den er als Vermittler mit Sondierungen betraut hatte. Jedoch erwies sich auch Dehaenes Option angesichts der gegenseitigen Blockade von Flamen und Wallonen – auch unter den Schwesterparteien –, als nicht tragfähig. Zudem wollte sich Leterme für die von ihm geforderte Verfassungsänderung für eine Staatsreform einer dafür notwendigen Zweidrittelmehrheit im Parlament sicher sein. Er hatte die bundesstaatlichen Parlamentswahlen am 10.6. in Flandern, das mit rd. 60% der Gesamtbevölkerung traditionsgemäß den belgischen Regierungschef stellt, mit dem Versprechen gewonnen, den Regionen zugunsten Flanderns mehr Autonomie zu verschaffen, und verfügte nun unter dem starken Druck der flämisch-nationalistischen Partei Neue Flämische Allianz (N-VA), mit der seine CD&V eine Listenverbindung eingegangen war, über wenig Verhandlungsspielraum gegenüber den Wallonen, die sich den Forderungen der wirtschaftlich dominierenden Flamen widersetzten. Der flämischen Absicht, den umstrittenen zweisprachigen Wahlbezirk Brüssel-Halle-Vilvoorde (B-H-V) neu aufzuteilen, setzten die Wallonen die Forderung nach einem neuen Statut für die ganze Region der Hauptstadt Brüssel entgegen, die als mehrheitlich frankophone Enklave im flämischen Gebiet liegt und offiziell zweisprachig ist. Am 22.8. gab Leterme seinen Auftrag zur Regierungsbildung zurück. Am 2.12.2007 scheiterte Leterme auch mit seinem zweiten Versuch, eine Regierungskoalition zu schmieden – diesmal weil die beiden kleinsten Partner im potenziellen Regierungsbündnis, die flämisch-separatistische N-VA (fünf Abgeordnete) und die französischsprachigen Christdemokraten (CDH, zehn Abgeordnete ) unversöhnlich auf einander ausschließenden Positionen beharrten. Zuvor hatten die flämischen Parteien für eine erneute Verhärtung der Fronten gesorgt, als sie am 7.11. mit der Regel der doppelten Mehrheit brachen und mit ihrer Majorität im Innenausschuss des Parlaments einen Gesetzentwurf zur Aufteilung des Wahlbezirks B-H-V durchsetzten – seine Umsetzung würde bis zu 150000 frankophonen Wählern das Recht nehmen, in ihrem Wahlkreis für Kandidaten ihrer Sprachgemeinschaft zu stimmen. Gegen die Unfähigkeit der Parteien, die gegenseitige Blockade bei der Regierungsbildung zu überwinden, und die Einheit des Königreichs demonstrierten am 18.11.2007 in Brüssel ca. 35000 Menschen beider Sprachgemeinschaften und unterstützten damit eine Petition mit 140000 Unterschriften. Mitgetragen wurde diese Manifestation, der weitere folgten, von den Gewerkschaften, die zu den wenigen Bindegliedern beider Sprachgemeinschaften zählen.
 
 

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