Trotz früherer Warnungen der UN erreichte die globale Krise um rapide gestiegene Lebensmittelpreise erst im April 2008 weltweite Aufmerksamkeit. Bereits am 16.7.2007 hatte die Exekutivdirektorin des Welternährungsprogramms (WFP), Josette Sheeran, in einem Interview vor den Folgen des rapiden Preisanstiegs für die Versorgung Millionen Bedürftiger gewarnt. Während die Beiträge der Geberländer seit Jahren konstant geblieben seien, stiegen die Beschaffungskosten für Versorgungsgüter zwischen 2003 und 2007 um fast die Hälfte, 2008 nach Schätzungen der UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) um weitere 26%. Am 26.2.2008 gab Sheeran bekannt, dass ihre Organisation bald nicht mehr zur Versorgung ihrer etwa 73 Mio. Hilfsempfänger mit der vollen Notration in der Lage sei. In den Folgemonaten musste das WFP trotz kurzfristiger Nahrungsmittel- und Finanzspenden der USA und europäischer Länder seine Unterstützung in einer Reihe von Krisengebieten zum Teil deutlich einschränken. In einer Rede im Mai 2008 sprach sich der senegalesische Präsident Abdoulaye Wade gegen die Landwirtschaftspolitik von UN sowie IWF und Weltbank aus und forderte die Abschaffung der »gescheiterten« FAO. Daraufhin berief UN-Generalsekretär Ban Ki-moon eine Arbeitsgruppe hochrangiger Vertreter multilateraler Organisationen für den 3.–5.6.2008 nach Rom (Italien) ein, um Vorschläge zur Schaffung besserer Rahmenbedingungen für die landwirtschaftliche Versorgung zu entwickeln. Ban räumte ein, die Krise sei keine Überraschung, sondern gehe auf »mehr als ein Jahrzehnt der Vernachlässigung und ineffektive Entwicklungspolitik zurück«. FAO-Generaldirektor Jacques Diouf verwies auf externe Faktoren wie das weltweite Bevölkerungswachstum, die Veränderung der Konsumgewohnheiten in der VR China und Indien sowie die Subventionierung von Biotreibstoffen als wesentliche Gründe der Krise. Auch die Weltbank, die in den letzten 25 Jahren den Umfang ihres Engagements im Agrarsektor mehr als halbiert hatte, leitete einen Kurswechsel ein. Die von Weltbank-Präsident Robert Zoellick vorgelegten Vorschläge auf Basis einer im Sommer 2007 begonnenen Evaluierung sehen vor, Weltbank-Kredite für landwirtschaftliche Projekte in Entwicklungsländern von 450 Mio. US-$ kurzfristig auf 800 Mio. US-$ zu erhöhen. Zugleich appellierte er an die Industrieländer, ihre Agrarexportsubventionen zu streichen und mittelfristig direkte Nahrungsmittelhilfen zur Hungerbekämpfung zu reduzieren. Diese insbesondere bei US-amerikanischen Farmern und Politikern beliebte Form der Unterstützung, die dem Absatz der agrarischen Überproduktion dient, schädigt jedoch nach Angaben der Planungschefin des WFP, Nancy Roman, lokale Produzenten in den Entwicklungsländern. Deshalb hat das WFP den Anteil von Sachspenden bereits auf 50% seiner Hilfen gesenkt und ruft die Geberstaaten dazu auf, zunehmend finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen.
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