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Russland: Jukos-Aff�re

 
Die bereits seit längerem gespannten Beziehungen zwischen der Regierung Putin und dem Erdölkonzern Jukos führten im September 2003 zur Festnahme des Vorstandsvorsitzenden Michail Chodorkowskij. Bereits im Juli 2003 war der Finanzchef des Unternehmens, Platon Lebedjew, wegen Unterschlagung von 280 Mio. US-$ im Zusammenhang mit der Privatisierung verhaftet worden. Lebedjew und Chodorkowskij mussten sich vor Gericht wegen Betrug, Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung und Steuerbetrug verantworten. Ausschlaggebend für das harte Vorgehen des Kremls gegen den einstigen russischen Vorzeigekonzern, der als einer der ersten nach westlichem Vorbild geführt wurde, war nach Ansicht von Beobachtern vor allem, einen erklärten politischen Gegner zu schwächen. Chodorkowskij, mit einem geschätzten Privatvermögen von rd. 15 Mrd. US-$ der reichste Mann Russlands, hatte vor den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im Dezember 2003 bzw. März 2004 erklärt, die in Opposition zu Putin stehenden Parteien zu unterstützen. Ziel des Vorgehens gegen Jukos sei aber auch, wichtige Wirtschaftsgüter wieder unter staatliche Kontrolle zu bringen.Nach der Festnahme Chodorkowskijs ging die Staatsanwaltschaft weiter gegen den Konzern vor. Mehrmals forderten die Steuerbehörden ab Dezember 2003 Nachzahlungen der Steuerschulden in Höhe von mehreren Mrd. US-$ für die Jahre 2000/2001, die aber nicht bezahlt werden konnten, da das Firmenvermögen von Jukos eingefroren war. Durch eine im November 2004 erhobene Steuernachforderung für 2002 sowie Nachzahlungen für Juganskneftegas, die Hauptproduktionsgesellschaft von Jukos, überstieg der Steuersatz damit 100 % des Umsatzes. Am 19.11.2004 setzte die russische Regierung eine Auktion von Juganskneftegas für den 19.12. an, um mit dem Erlös die mittlerweile auf 20 Mrd. US-$ bezifferten Steuerschulden zu tilgen. Gegen diese einer Zerschlagung des Konzerns gleichkommende Entscheidung beantragte Jukos daraufhin bei einem US-Gericht Gläubigerschutz und eine provisorische Verfügung gegen die Versteigerung; beidem gab das Gericht am 16.12. statt. Dennoch wurde die Zwangsversteigerung am 19.12. durchgeführt, bei der die zwei Tage zuvor registrierte Baikal Finance Group für einen Betrag von 9,3 Mrd. US-$ überraschend den Zuschlag erhielt. Als Mindestgebot waren 8,65 Mrd. US-$ angesetzt, von ausländischen Beobachtern war der Wert des Unternehmens dagegen auf 15,7–18,3 Mrd. US-$ geschätzt worden. Einziger weiterer Bieter war zunächst das Tochterunternehmen des mehrheitlich staatlich kontrollierten Erdgaskonzerns Gasprom, Gaspromneft. Die von einem westlichen Bankenkonsortium gemachte Zusage, den Kauf finanziell abzusichern, wurde nach der Entscheidung des US-amerikanischen Gerichts zurückgezogen. Wenige Tage später kaufte die hoch verschuldete, wenig profitable staatliche Ölfördergesellschaft Rosneft die Baikal Finance Group. Am 24.2.2005 – wenige Stunden nach dem Treffen von US-Präsident George W. Bush und Präsident Putin in der slowakischen Hauptstadt Bratislava – lehnte das US-Gericht den Jukos-Antrag auf Gläubigerschutz mit der Begründung ab, die Präsenz des Unternehmens in den USA sei dafür nicht umfangreich genug. Die zunächst verschobene Fusion von Gasprom und Rosneft wurde vom Kreml am 2.3. genehmigt, womit das Konsortium zu einem der größten Energielieferanten weltweit wurde. Jugansneftegas ist in dem Deal allerdings nicht enthalten, sondern soll eigenständig unter Leitung von Rosneft-Chef Sergej Bogdantschikow weitergeführt werden.Am 31.5.2005 verurteilte das Moskauer Bezirksgericht Chodorkowskij und Lebedjew zu je neun Jahren Lagerhaft wegen Betrugs, Veruntreuung und Steuerhinterziehung. In liberalen Kreisen in Russland löste das Urteil Entsetzen aus, auch im Ausland stieß es auf teilweise harte Kritik und deutliche Ablehnung. amnesty international warf den Behörden Verletzungen der Grundsätze über ein faires Verfahren vor. Die Anwälte von Chodorkowskij und Lebedjew legten am 9.6. Berufung gegen das Urteil ein. Mit der Aufnahme entsprechender Verhandlungen wird nicht vor Herbst 2005 gerechnet.
 
 

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