Der Fischer Weltalmanach
nachrichtenstaatenbiografienkulturarchivglossar




Archiv

wissensquiz
stichwort
buch
cd rom

tauschbörse

buch tipps
faq
links
bestellen
kontakt

 

fischer taschenbuch verlag



www.weltalmanach.de

Deutschland: Visa-Affäre

 
Am 17.12.2004 beschloss der Bundestag auf Antrag der Opposition die Einsetzung eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zu der Frage, ob die Bundesregierung mit der Praxis der Visavergabe zum massenhaften Erschleichen von Einreiseerlaubnissen vor allem aus Osteuropa beigetragen hat. Anlass hierzu hatte der Ausgang des Prozesses gegen einen aus der Ukraine stammenden Schleuser vor dem Kölner Landgericht am 9.2.2004 gegeben. Der Richter hatte bei der Strafzumessung mildernde Umstände anerkannt, weil das Auswärtige Amt dem Täter durch »schweres Fehlverhalten« Vorschub geleistet habe. Im Zentrum der Verhandlungen des Untersuchungsausschusses stand ein von Außenminister Joschka Fischer unterzeichneter Erlass vom 3.3.2000 (zunächst als »Volmer-Erlass« bezeichnet), der den Ermessensspielraum der deutschen Vertretungen im Ausland bei der Ausstellung von Touristenvisa erweiterte. In bestimmten Fällen sollten sie »im Zweifel für die Reisefreiheit« entscheiden. Die schon seit 1995 aufgrund von Reiseerleichterungen stark erhöhte Zahl der in Osteuropa ausgestellten Visa für Deutschland stieg seit 2000 sprunghaft an, für Ukrainer verdoppelte sie sich von 1999 bis 2001 auf 297000. Vorschub für den massenhaften Missbrauch der Einreiseerleichterungen insbesondere durch Schleuser leistete vor allem das Reisebüroverfahren und die Anerkennung von Reiseschutzpässen mehrerer Versicherungsunternehmen als Ersatz für eine eingehendere Überprüfung des Antragstellers, seiner Reisemotive und Rückkehrwilligkeit (die beiden Verfahren wurden in Kiew im Oktober 2001 bzw. Juni 2002 eingestellt). Der frühere Staatsminister im Auswärtigen Amt Ludger Volmer verteidigte vor dem Untersuchungsausschuss in der ersten live übertragenen Zeugenbefragung des deutschen Parlamentarismus den umstrittenen Erlass am 21.4.2005 als korrekt und von seiner Intention her bürgerfreundlich und freiheitsfördernd. Außenminister Fischer räumte bei seiner Vernehmung am 25.4. eigene Fehler und Fehler seines Amtes ein und warf der Opposition zugleich vor, mit der »Skandalisierung« der Visa-Versäumnisse außenpolitischen Schaden anzurichten. Am 16.7.2005 betonte Innenminister Otto Schily vor dem Ausschuss, dass die Polizeibehörden der Länder ihm trotz der kritisierten Visa-Politik keine markante Zunahme der Kriminalität gemeldet hätten.
 
 

| nachrichten | staaten | biografien | kultur | archiv | glossar | wissensquiz |
| stichworte| buch | cd-rom | tauschbörse | buch-tipps | faq | links | bestellen | kontakt |