Politische ReformenNachdem US-Präsident George W. Bush am 21.2.2005 bei einem Besuch in Brüssel politische Reformen in Ägypten eingefordert und US-Außenministerin Condoleezza Rice am 25.2. einen geplanten Besuch wegen der Inhaftierung der Ghad-Parteigründer abgesagt hatte, kündigte Staatschef Mubarak am 27.2. in einer vom Fernsehen übertragenen Rede in seiner Heimatstadt Munufiya Reformen an. Kernpunkt des Reformprogramms ist die Einführung von Direktwahlen mit Kandidatenkonkurrenz für die Ende 2005 anstehenden Präsidentschaftswahlen. Bislang hatte das Parlament einen Kandidat (zuletzt stets Mubarak) ausgewählt, und das Volk hatte in einem Referendum nur noch zustimmen oder ablehnen können. Ermutigt durch die Aktivitäten von Ghad protestieren am 27.3. auch mehrere tausend Mitglieder der verbotenen Muslim-Bruderschaft für den Rücktritt des Staatschefs, die Aufhebung des Notstands sowie die Einführung islamischen Rechts. 300 Personen wurden vor, während und nach der Demonstration vorübergehend festgenommen. Bei weiteren friedlichen Demonstrationen der Muslim-Brüder am 4. und 6.5. wurden mehr als 1000 Anhänger festgenommen, 170 davon wurden zu 15 Tagen Haft verurteilt, darunter auch der Generalsekretär Mahmoud Ezzat.ReferendumAm 10.5.2005 beschloss das Parlament mit der Mehrheit der NDP die neuen Versionen der Verfassungsartikel 76 und 192, die ein modifiziertes Regelwerk für die Wahl des Staatspräsidenten vorschreiben. Danach können Führungsmitglieder von zugelassenen Parteien uneingeschränkt kandidieren. Unabhängige Kandidaten brauchen Unterschriften von mindestens 65 Abgeordneten der Nationalversammlung, von 25 Schura-Mitgliedern und 140 Gemeinderäten aus mindestens 14 Regierungsbezirken. Da jeder Abgeordnete nur eine Empfehlung aussprechen darf, war damit eine unabhängige Kandidatur ausgeschlossen, berücksichtigt man die erdrückende Dominanz der NDP in all diesen Gremien. Die legalisierten Oppositionsbewegungen wie auch die Muslim-Bruderschaft riefen daraufhin zum Boykott des Referendums auf, da sich alle Hoffnungen auf eine Liberalisierung des politischen Systems durch die Ausgestaltung der Verfassungsänderung zerschlagen hatten. Die Verfassungsänderung wurde dennoch nach Angaben des Innenministeriums am 25.5. mit 82,9% der stimmberechtigten Bevölkerung bei einer Wahlbeteiligung von 53,5% angenommen. Journalisten und Oppositionskräfte bezweifelten jedoch, dass sich tatsächlich 17 Mio. Ägypter an die Urnen begeben hatten. Im Vorfeld der Abstimmung hatte die Polizei weitere Anführer der Muslim-Bruderschaft festgenommen, und zahlreiche geplante Kifaya-Demonstrationen im Keim erstickt.
Bei einem Besuch in Ägypten kritisierte US-Außenministerin Condoleezza Rice am 20.6. die zögerlichen Reformen des ägyptischen Verbündeten in ungewohnt deutlicher Weise. In einer Rede vor der Amerikanischen Universität in Kairo zeigte sie sich u.a. auch besorgt darüber, dass friedliche Anhänger der Demokratie nicht vor Gewalt sicher seien.
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