FWA 99, Spalte 1201
In den gemäßigten Breiten ist nicht Entwaldung das forstliche Hauptproblem, sondern die reduzierte Lebenskraft der Wälder, gemeinhin als neuartige Waldschäden oder Waldsterben beschrieben. Eine 1997 gemeinsam von der Europäischen Union (EU) und der UN -Wirtschaftskommission für Europa (ECE) in Auftrag gegebene Erhebung des europäischen Waldzustands stellte eine deutliche Verschlechterung des Kronenzustands seit Mitte der 80er Jahre fest. Ein Viertel der Baumkronen hatte mehr als 25 % der Blätter bzw. Nadeln verloren, wobei die von Luftverunreinigungen stärker betroffenen Gebiete Mitteleuropas die stärksten Schäden aufwiesen. Eine Verbesserung des Kronenzustands wurde dagegen in solchen Regionen Osteuropas beobachtet, in denen in den letzten Jahren die Schadstoffemissionen reduziert wurden. Ein weiterer deutlicher Trend ist die starke Verschlechterung des Kronenzustands von Laubbäumen. Nur 38 % der Buchen in Westeuropa waren ungeschädigt, nahezu 50 % der über 60 Jahre alten Eichen sind geschädigt. Die gleichzeitig durchgeführte Untersuchung der Waldböden ergab einen räumlichen Zusammenhang zwischen Luftverunreinigungen und Bodenversauerung. Letztere kann v.a. die Baumwurzeln schädigen.
Die Ursachen der neuartigen Waldschäden sind immer noch Gegenstand wissenschaftlicher Kontroversen. Als schwächende, begleitende oder auslösende Faktoren werden betrachtet: die Emissionen säurebildender Schadstoffe - Schwefeldioxid (SO2), Stickoxide (NOx) und Ammoniak (NH3) -, der Anstieg bodennaher Ozonkonzentrationen, die Mobilisierung von Schwermetallen im Boden sowie der Hitzestreß. Mancherorts kommt zu hoher Wildbesatz als zusätzlicher Streßfaktor hinzu. Diese Faktoren bilden ein komplexes Wirkungsgefüge und schwächen die Widerstandskraft der Bäume (z.B. gegen Schädlingsbefall). Besonders in Monokulturen sind bei Wetterextremen (z.B. Orkane) große Schäden zu beobachten.
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