FWA 99, Spalte 1175
Die asiatische Umweltkrise
Im Berichtszeitraum 1997 / 98 fanden Süd- und Ostasien nicht nur aufgrund der schweren Finanz- und Wirtschaftskrise starke Beachtung in der westlichen Öffentlichkeit, sondern auch wegen der sich verschärfenden Umweltsituation, die vor allem im Zusammenhang mit den Waldbränden in Indonesien im Herbst 1997 thematisiert wurde.
Lange Zeit wurde dem Wirtschaftsaufschwung in den »Tigerstaaten« in den achtziger und frühen neunziger Jahren mehr Aufmerksamkeit geschenkt als seinen Schattenseiten, die in der anhaltenden Krise nunmehr deutlicher hervortreten. In einem umfassenden Bericht hat die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) 1997 die Entwicklung des Umweltzustands in den asiatischen Entwicklungsländern als äußerst besorgniserregend eingestuft:
- In den letzten 30 Jahren verlor Asien die Hälfte seiner Wälder mitsamt unzähligen Tier- und Pflanzenarten. Der Pro-Kopf-Waldbestand in Asien ist auf einem Drittel des globalen Durchschnitts angelangt. Jedes Jahr fällt 1 % des Waldbestandes dem Brandrodungswanderfeldbau, der großflächigen Anlage von Plantagen, der Industrialisierung, der Rohstoffgewinnung sowie Verkehrs-, Stadt- oder Staudammplanungen zum Opfer.
- Ein Drittel der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche gilt als geschädigt.
- Die Fischbestände sind auf die Hälfte geschrumpft.
- Die asiatischen Flüsse und Seen sind stark vergiftet. Sie enthalten 3-4mal mehr Fäkalbakterien als der Weltdurchschnitt und 50mal mehr als die WHO für erträglich erachtet. Bleihaltige Abwässer aus Fabriken belasten die Flüsse und Seen 20mal mehr als in den westlichen Industrieländern.
- In den Großstädten werden nur etwa 10-15 % aller städtischen Abwässer geklärt. Rund die Hälfte aller Asiaten verfügt nicht über sanitäre Einrichtungen, ein Drittel hat keinen Zugang zu sauberem Wasser - mehr als irgendwo sonst auf der Welt (mit Ausnahme Afrikas).
• Von den 15 am stärksten verpesteten Städten der Welt liegen laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) und UN -Umweltprogramm (UNEP) 13 in Asien. In zehn von elf asiatischen Städten mit mehr als einer Million Einwohnern übersteigt die Luftverschmutzung durch Ruß- und Staubpartikel die Richtwerte der WHO um mindestens das Dreifache. In Jakarta ist verseuchte Luft bereits eine der häufigsten Todesursachen. In Indonesien betragen die jährlichen Folgekosten der Luftverschmutzung allein durch Staub und Blei mehr als 2 Mrd. $ .
Nur wenigen Ländern gelingt es bisher, notwendige wirtschaftliche Entwicklung und Umweltbelastung zu entkoppeln. Vielmehr verschlechtert sich gerade in den rasch gewachsenen Ökonomien Indonesiens, der Republik Korea, Thailands und Vietnams der Umweltzustand rapide. Diese Entwicklung ist im Prinzip mit der der westlichen Industrieländer in den fünfziger und sechziger Jahren vergleichbar, wo eine Verbesserung des Umweltzustands erst nach Erreichen eines bestimmten Einkommensstandards angestrebt wurde.
Entwicklung von Umwelt und Wirtschaft in asiatischen Entwicklungsländern 1980-1993
Maßnahmen zu einer weniger umweltschädigenden Entwicklung in Asien stehen bislang aus. Allein die effizientere Erzeugung und Nutzung von Elektrizität könnte nach Angaben der ADB in ganz Asien beispielsweise jährlich bis zu 52 Mrd. $ an Brennstoffkosten einsparen, wodurch auch die Atemluft erheblich sauberer würde. Schäden in Höhe von 160 Mio. $ in Land- und Forstwirtschaft könnten durch Verringerung des Blei- und Schwefelgehalts im Dieselkraftstoff vermieden werden. Viele Regierungen Asiens fördern jedoch den Umweltverbrauch - durch Privilegien für die Bergbau- und Holzindustrie sowie Subventionen für Wasser, Energie und den Einsatz von Schädlingsbekämpfungsmitteln.
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