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Chile: Chronik Aufarbeitung der Militärdiktatur (1973-90)

FWA 2001 Spalte 155f

Auch zehn Jahre nach dem Ende der Pinochet-Diktatur ist es nicht gelungen, die politische Polarisierung zwischen den Gegnern und den Befürwortern der damaligen Militärherrschaft zu beseitigen. Unter dem Eindruck der Verhaftung des Ex-Diktators in Großbritannien werden zudem immer mehr Fälle von Menschenrechtsverletzungen während der Jahre 1973–90 bekannt: So wird am 14.9.1999 der ehemalige Chef des früheren chilenischen Geheimdienstes CNI, General Humberto Gordón, verhaftet. Die Anklage wirft ihm vor, für die Entführung und Ermordung des Gewerkschaftsführers Tucapel Jiménez durch den CNI im Jahr 1982 verantwortlich zu sein. Gordón verteidigt sich damit, dass Pinochet selbst der oberste Verantwortliche für die geheimdienstlichen Aktionen gewesen sei. Er stirbt am 17.6.2000 an den Folgen eines Herzinfarktes.

Am 27.9. geben führende Vertreter der politischen Rechten erstmals ihre Verantwortung für Menschenrechtsverletzungen während des Militärregimes zu: Sprecher der Renovación Nacional erklären, die Partei und ihre Anhängerschaft hätten wider besseres Wissen jahrelang zu den Rechtsbrüchen geschwiegen und die Verwicklung von Parteimitgliedern in die Taten des Pinochet-Regimes abgestritten. Zugleich wird aber betont, die Schuld für die Verbrechen sei stets bestimmten Einzelpersonen zuzurechnen. Im November 1999 gesteht der frühere Mitarbeiter der CIA und des chilenischen Geheimdienstes Dirección Nacional de Inteligencia (Dina) - bis 1978 die Vorgängerorganisation des CNI - , Michael Townley, die Ermordung des ehemaligen Oberbefehlshabers der chilenischen Armee. General Carlos Prats und seine Frau wurden im argentinischen Exil am 30.9.1974 durch eine Autobombe getötet. In Washington war Townley bereits 1976 zu einer sechsjährigen Gefängnisstrafe wegen Beteiligung an der Ermordung des früheren chilenischen Außenministers Orlando Letelier verurteilt worden. Am 14.3.2000 wird in Santiago der ehemalige Leiter der Dina-Auslandsabteilung, Hernan Alvarez festgenommen. Der Oberste Gerichtshof ordnet ferner die Inhaftierung von General Raul Iturriagas an, den die italienische Justiz in Abwesenheit bereits zu 18 Jahren Haft verurteilt und dessen Auslieferung sie beantragt hatte. Iturriagas wird für schuldig befunden, für den Attentatsversuch auf den ehem. chilenischen Vizepräsidenten Bernardo Leighton 1975 in Rom verantwortlich zu sein.

Am 14.3.2000 ordnet Richter Juan Guzmán Tapia die Verhaftung des stellvertretenden Heereschefs während der Diktatur, Carlos Forestier, an; ihm wird vorgeworfen, an der Ermordung von zehn Oppositionellen beteiligt gewesen zu sein.

Nachdem sich das Militär im so genannten Dialogforum, an dem Regierung, Menschenrechtsorganisationen und Militär beteiligt sind, am 14.5.2000 bereit erklärt hat, im Lauf der nächsten sechs Monate Hinweise auf das Schicksal 1198 Verschwundener zu liefern, haben beide Kammern des Kongresses am 21.6. ein Gesetz zum Schutz der Anonymität von Zeugen beschlossen.


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Aktuelle Informationen zu diesem und allen übrigen Themen des ARCHIVS finden Sie im Fischer Weltalmanach 2002 und im Digitalen Fischer Weltalmanach 2002.