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Brasilien: Chronik Landreform

FWA 2001 Spalte 140f

Proteste landloser Bauern

Nach der Vorlage eines Weißbuches zur Frage der Verhältnisse in Brasilien droht der Minister für Landreform, Raul Jungmann, im Februar 2000, widerrechtlich erworbenes Land von 3065 Großgrundbesitzern zu enteignen und zur Ansiedlung von Landlosen zu verwenden, falls nicht innerhalb von 120 Tagen die Rechtmäßigkeit des Besitzes nachgewiesen werden kann. Diese Maßnahme stellt einen weiteren Schritt auf dem Weg der brasilianischen Regierung dar, das drängende Problem der extrem ungleichen Grundbesitzverteilung zu lösen: Während sich ca. 90% des Landes in den uml;nden nur 20% der Bevölkerung befinden, liegen zugleich 180 Mio. Hektar Großgrundbesitz ohne Nutzung brach. Obgleich die Regierung bisher bereits 93 Mio. Hektar an Großgrundbesitz (ca. 11% des Staatsgebietes) enteignet und an besitzlose Familien übergeben hat, greifen die ca. fünf Mio. landlosen Bauern immer häufiger zum Mittel der Landbesetzung, um die Regierung zur Zuweisung von Landparzellen zu zwingen. Polizei und Großgrundbesitzer ihrerseits reagieren darauf oft mit Gewalt. So kommt es z.B. am 2.5.2000 nach tagelangen Protesten landloser Bauern im Bundesstaat Paranã zu schweren Zusammenstößen mit der Polizei, in deren Verlauf ein Todesopfer und Dutzende von Verletzten auf beiden Seiten zu beklagen sind. Zahlreiche Demonstranten werden zudem festgenommen. Anfang Mai besetzen landlose Bauern zahlreiche Regierungsgebäude in zwanzig Bundesstaaten, darunter auch das Institut für Landreform, um neben weiteren Landzuweisungen auch Kredite für die Familien, denen bereits eine Parzelle zugeteilt worden ist, zu fordern. Nach der Anordnung Präsident Cardosos, die besetzten Behörden mit Gewalt zu räumen, verlassen die Demonstranten jedoch die Regierungsgebäude. Gegen 23 Führer der MST wird wegen Verstoßes gegen die nationale Sicherheit ermittelt, 28 werden strafrechtlich verfolgt. Die Regierung antwortet auf die Proteste ferner mit der Anordnung, dass gewaltsam von den Landlosen in Beschlag genommene Grundstücke nicht mehr an diese übereignet werden dürfen.

Anfang April 2000 wird der Bauernführer Jose Rainha in einem Mordprozess in zweiter Instanz freigesprochen. Wegen Mordes an einem Polizisten und an einem Großgrundbesitzer war er 1997 für schuldig befunden und zu 26 Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt worden.


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Aktuelle Informationen zu diesem und allen übrigen Themen des ARCHIVS finden Sie im Fischer Weltalmanach 2002 und im Digitalen Fischer Weltalmanach 2002.