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Chronik: Bosnien-Herzegowina

FWA 2000, Sp. 54

Trotz schwerer Belastungen des Friedensprozesses, vor allem durch den Konflikt �ber den Status der Stadt Brcko, die R�ckkehr der Fl�chtlinge und den Kosovokrieg, hat sich die politische Lage in Bosnien-Herzegowina (B.-H.) stabilisiert, dies weitgehend als Folge des festen Regimes, das der Hohe Beauftragte der Staatengemeinschaft f�r Bosnien, der Spanier Carlos Westendorp, aus�bt (im Juli 1999 folgt ihm in diesem Amt der �sterreicher Wolfgang Petritsch). Von Bedeutung ist auch die Finanzhilfe der internationalen Staatengemeinschaft, die sich vorrangig auf die Wiederherstellung der Infrastruktur und die Unterbringung von Fl�chtlingen richtet und die sich f�r 1996-99 auf rd. 5 Mrd. US- $ bel�uft. Als Folge zeichnet sich in der Bosniakisch-kroatischen F�deration (BKF) eine wirtschaftliche Erholung ab. In der serbischen Teilrepublik (RS), deren Regierung sich erst unter dem Regierungschef Milorad Dodik (seit Januar 1998) zu einer begrenzten Zusammenarbeit dem dem Hohen Beauftragten bereiterkl�rt hat, ist von wirtschaftlichem Aufbau noch wenig zu sp�ren.

Friedensimplementierungsrat

Die Jahresvollversammlung des Friedensimplementierungsrates (Peace Implementation Council / PIC) am 15. / 16.12. 1998 in Madrid konstatiert �erhebliche Defizite� auf dem Weg zu einem �sich selbst tragenden Frieden� zwischen den Volksgruppen der Serben, Bosniaken und Kroaten. Der Hohe Beauftragte Westendorp stellt erg�nzend fest, da� die R�ckkehr der Fl�chtlinge in ihre Heimat und ihre Wiedereingliederung weit hinter den Erwartungen zur�ckgeblieben seien. Ende 1998 leben noch 1,2 Mio. Fl�chtlinge im Ausland, von fast 1 Mio. Vertriebenen innerhalb von B.-H. haben rd. 150000 schriftlich ihren Willen bekundet, an ihren Ursprungsort zur�ckzukehren, wo sie als Angeh�rige einer ethnischen Minderheit jedoch nicht geduldet werden.

Um der auch nach den Wahlen vom September weiterbestehenden L�hmung gesamt- und teilstaatlicher Institutionen entgegenzuwirken, den Friedensproze� und die R�ckkehr von Fl�chtlingen zu beschleunigen, stattet die Vollversammlung des Friedensimplementierungsrates Westendorp mit erweiterten Vollmachten aus. U.a. kann dieser gemeinsam mit dem Repr�sentanten der OSZE Ma�nahmen gegen Einrichtungen und Gemeinden ergreifen, die sich der Aufnahme von Fl�chtlingen einer ethnischen Minderheit verweigern, und Parteien von Wahlen ausschlie�en. Ausdr�cklich wird er auch befugt, hohe Mandatstr�ger aus ihren �mtern zu entfernen, die die Umsetzung des Dayton-Abkommens behindern.

Die New York Times ver�ffentlicht in ihrer Ausgabe vom 17.8. 1999 Ergebnisse bisher geheim gehaltener Ermittlungen einer vom Hohen Beauftragten eingesetzten Antikorruptionskommission unter US-amerikanischer Leitung. Danach sollen bosnische Politiker aller drei Volksgruppen seit Ende des Bosnienkrieges 1995 internationale Hilfsgelder bis zu einer Mrd. US- $ unterschlagen haben.

In der Folge des Kosovokrieges registriert das UN-Fl�chtlingshilfswerk UNHCR in den ersten drei Wochen rd. 20000 Fl�chtlinge aus Jugoslawien, vornehmlich Muslime aus der Region Sandschak in S�dserbien, aber auch Serben und Albaner aus dem Kosovo. Das gesamtbosnische Ministerium f�r Zivile Angelegenheiten berichtet dagegen am 6.5. 1999 von rd. 57000 Fl�chtlingen aus der BR Jugoslawien, von denen 14000 bis 16000 in die serbische Teilrepublik gekommen seien. Die R�ckkehr bosnischer Fl�chtlinge aus Deutschland wird daher vorl�ufig gestoppt.

Wahlen

Nach Ablauf der zweij�hrigen �bergangsfrist finden am 12. / 13.9. 1998 zum zweitenmal nach Kriegsende Parlaments- und Pr�sidentschaftswahlen im Gesamtstaat und in den beiden Teilstaaten statt. Die Wahlbeteiligung der ingesamt 2,75 Mio. Wahlberechtigten, davon rd. 300000 zumeist als Fl�chtlinge au�erhalb des Landes lebend, betr�gt 70,7 %. Die Organisation f�r Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), die das offizielle Endergebnis erst am 25.9. verk�ndet, r�umt ein, da� es bei der Durchf�hrung der Wahlen teilweise �ernste Probleme� gegeben habe. Im Abgeordnetenhaus des Gesamtstaates nehmen die Nationalisten etwa zwei Drittel der Mandate ein: Das bosniakische Parteienb�ndnis Koalition f�r ein einheitliches und demokratisches Bosnien-Herzegowina (KCD) mit der Demokratischen Aktionspartei (SDA) als st�rkster Kraft erh�lt 40 % der Stimmen, die Kroatische Demokratische Gemeinschaft (HDZ) 14 %, die serbischen nationalistischen Parteien SDS und SRS kommen auf zusammen 15 %. Das von drei gem��igten serbischen Parteien gebildete B�ndnis Sloga (Harmonie), dem der Ministerpr�sident der Serbischen Republik, Milorad Dodik, angeh�rt, erzielt 10 %; die sozialdemokratischen Parteien SDP und SD, die eine ethnische Zusammenarbeit bef�rworten, erhalten zusammen 15 %.

Bei der Wahl zum dreik�pfigen Staatspr�sidium wird der Bosniake Alija Izetbegovic (SDA) mit 86,8 % der bosniakischen Stimmen wiedergew�hlt; als serbischer Repr�sentant setzt sich mit 51,2 % der Stimmen der als gem��igt geltende sozialistische Kandidat Zivko Radisic, der f�r das B�ndnis Sloga antrat, gegen den SDS-Kandidaten und bisherigen Amtsinhaber Momcilo Krajisnik durch; auf kroatischer Seite l�st der Nationalist Ante Jevalic (HDZ, 52,9 %) Kresimir Zubak ab. Am 13.10. wird das neugew�hlte Staatspr�sidium vereidigt; turnusgem�� �bernimmt Radisic den Vorsitz, der k�nftig alle acht Monate wechselt.

Am 3.2. 1999 w�hlt das Abgeordnetenhaus die beiden gleichberechtigten Ministerpr�sidenten, die in ihrer Amtsf�hrung w�chentlich rotieren: Der Bosniake Haris Silajdzic (SBiH), der dieses Amt schon seit 1997 innehat, wird wiedergew�hlt; Nachfolger von Boro Bosic wird der als gem��igt geltende Serbe Svetozar Mihajlovic.

Bosniakisch-kroatische F�deration

Aus der Wahl zum Abgeordnetenhaus, die im wesentlichen die bisherige Machtverteilung best�tigt, geht das bosniakische Wahlb�ndnis KCD mit einem Stimmenanteil von 49 % als Siegerin hervor; die HDZ erh�lt 20 % der Stimmen, auf die Sozialdemokraten (SDP und SD) entfallen 18 %. Erst unter dem Druck der bevorstehenden Vollversammlung des Friedensimplementierungsrates, die �ber die weitere Wiederaufbauhilfe entscheidet, verst�ndigen sich am 12.12. 1998 die ethnisch dominierten Parteien der Bosniaken (SDA) und der Kroaten (HDZ) auf Ivo Andric Luzanski als Pr�sidenten; sein Vorg�nger Ejup Ganic wird Vizepr�sident; Edhem Bicakcic wird als Ministerpr�sident im Amt best�tigt.

Serbische Republik (RS)

Der Nationalist Nikola Poplasen (SRS, rd. 324000 Stimmen) wird zum Pr�sidenten der RS gew�hlt; er gilt als entschiedener Gegner des Friedensprozesses und propagierte den Anschlu� der serbischen Gebiete Bosniens an Serbien; die vom Westen unterst�tzte Gegenkandidatin und bisherige Amtsinhaberin Biljana Plavsic (Serbische Volksunion / SNS) erh�lt rd. 287000 Stimmen.

Bei den Wahlen zur Nationalversammlung entfallen auf die nationalistischen Parteien (SDS und SRS) 37 % der Stimmen, die gem��igten politischen Parteien, die den bisherigen Ministerpr�sidenten Milorad Dodik unterst�tzen, verf�gen �ber eine knappe Mehrheit. Pr�sident Poplasen scheitert zweimal mit dem Versuch, einen nationalistischen Kandidaten als Regierungschef im Parlament durchzusetzen. Ministerpr�sident Dodik, dessen Nominierung Poplasen ablehnt, amtiert daher interimistisch weiter. Nachdem Poplasen am 3.3. 1999 ein Verfahren zur Amtsenthebung Dodiks einleitet, verf�gt Westendorp am 5.3. unter Bezug auf die ihm erteilte Vollmacht die Absetzung des Pr�sidenten; Poplasen erkennt die Entscheidung Westendorps nicht an; sein Stellvertreter Mirko Sarovic tritt das Pr�sidentenamt zwar nicht an, �bernimmt aber einen Teil der Aufgaben; amtierender Ministerpr�sident bleibt Milorad Dodik.

Nach Beginn der Luftangriffe der NATO auf Jugoslawien am 24.3. kommt es in der Serbischen Republik zu heftigen Protesten, antiwestlichen Demonstrationen und Aktionen gegen Einrichtungen von Hilfsorganisationen.

Krise um Brcko

Am 5.3. 1999 verk�ndet das internationale Schiedsgericht unter Vorsitz des von Westendorp ernannten US-amerikanischen Anwalts Robert B. Owen seinen mehrmals verschobenen Spruch �ber den Status der nordbosnischen Stadt Brcko. Die strategisch wichtige und von Serben und Bosniaken gleicherma�en beanspruchte Stadt soll einen neutralen, entmilitarisierten Status erhalten und nominell der RS angeh�ren, aber direkt der gesamtbosnischen Regierung unterstellt sein, eine demokratische Struktur erhalten und mit eigenen Polizeikr�ften ausgestattet werden; die Vertriebenen sollen zur�ckkommen k�nnen. Trotz heftiger Proteste der Serben aller Fraktionen halten Owen und Westendorp an der Entscheidung fest.

Verfolgung von Kriegsverbrechern

Soldaten der SFOR nehmen am 27.9. 1998 den fr�heren Polizeichef der Stadt Bosanski Samac, Stevan Todorovic, als mutma�lichen Kriegsverbrecher fest. Am 2.12. nimmt die SFOR den bosnisch-serbischen General Radislav Krstic fest, f�r den das Internationale Tribunal f�r Verbrechen im fr�heren Jugoslawien (ICTY) im Oktober 1998 einen Haftbefehl ausstellte. Der bislang rangh�chste von der SFOR festgenommene Angeklagte soll f�r das Massaker in Srebrenica mitverantwortlich sein.

Beim Versuch, den bosnischen Serben Dragan Gagovic, den ehemaligen Polizeichef der Stadt Foga, festzunehmen, wird dieser am 9.1. 1999 von franz�sischen SFOR-Soldaten erschossen.

In seinem ersten Verfahren wegen V�lkermords best�tigt der Bundesgerichtshof in Karlsruhe am 2.5. die vom D�sseldorfer Oberlandesgericht verh�ngte lebenslange Haftstrafe f�r den bosnischen Serben Nicola Jorgic. Das Berufungsgericht des ICTY entscheidet am 15.7., da� die Verurteilung des bosnischen Serben Dusko Tadic zu 20 Jahren Freiheitsstrafe zu Recht ergangen sei.

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