FWA 2000, Sp. 1047ff.
Entstehung: Die Information und Konsultation der Mitgliedstaaten in außenpolitischen Fragen im Rahmen der Europäischen Politischen Zusammenarbeit / EPZ (*1970, seit 1987 durch die EEA vertraglich geregelt) wurde durch den EU-Vertrag (1993) zu einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) fortentwickelt; deren Kohärenz, Effizienz und Transparenz werden durch den Vertrag von Amsterdam (1999) verbessert. Das zunächst vereinbarte »Bemühen« um eine gemeinsame Außenpolitik wurde 1993 abgelöst vom verbindlichen »Beschluß«, eine sich auf alle Bereiche der Außen- und Sicherheitspolitik erstreckenden GASP zu verwirklichen, wozu auch die schrittweise Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik gehört, die zu einer gemeinsamen Verteidigung führen könnte, falls der ER dies beschließt. Die sog. Petersberger Aufgaben (humanitäre Aufgaben und Rettungseinsätze, friedenserhaltende Aufgaben sowie Kampfeinsätze bei der Krisenbewältigung einschl. friedensschaffender Maßnahmen) sind im EU-Vertrag (1999) als GASP-Angelegenheiten festgeschrieben. Die Union fördert engere institutionelle Beziehungen zur Westeuropäische Union (WEU) im Hinblick auf deren mögliche Integration in die Union. - Dänemark muß sich nicht an Beschlüssen mit verteidigungspolitischem Bezug beteiligen. - Bisher ist die GASP nur in ersten Ansätzen vorhanden; sie ersetzt keinesfalls die nationalen Außenpolitiken.
Ziele (Art. 11 EU-Vertrag): Wahrung der gemeinsamen Werte, grundlegenden Interessen und Unabhängigkeit der Union; Stärkung der Sicherheit der Union; Wahrung des Friedens und Stärkung der internationalen Sicherheit entsprechend den Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen sowie den Prinzipien der KSZE-Schlußakte und den Zielen der Charta von Paris; Förderung der internationalen Zusammenarbeit; Entwicklung und Stärkung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sowie Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten.
Instrumente der GASP sind gemeinsame Strategie, gemeinsame Aktion und gemeinsamer Standpunkt. Die Beschlußfassung erfolgt im Rahmen der Regierungszusammenarbeit. Der ER bestimmt die Grundsätze und allgemeinen Leitlinien der GASP und beschließt (u.U. auf Empfehlung des Rats) einstimmig gemeinsame Strategien, die in Bereichen von wichtigem gemeinsamen Interesse der Mitgliedstaaten von der Union durchzuführen sind; in diesen sind jeweils Zielsetzung, Dauer sowie die von der Union und den Mitgliedstaaten bereitzustellenden Mittel anzugeben. Der Rat setzt die vom ER beschlossenen gemeinsamen Strategien um, v.a. durch die Annahme gemeinsamer Aktionen und gemeinsamer Standpunkte. Gemeinsame Aktionen betreffen Situationen, in denen eine operative Aktion der Union für notwendig erachtet wird; sie sind für die Mitgliedstaaten bei ihren Stellungnahmen und ihrem Vorgehen bindend. In gemeinsamen Standpunkten wird das Konzept der Union für eine bestimmte Frage geographischer oder thematischer Art bestimmt; die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, daß ihre nationale Politik mit diesen in Einklang steht. - Zu jeder außen- und sicherheitspolitischen Frage von allgemeiner Bedeutung findet im Rat eine gegenseitige Unterrichtung und Abstimmung zwischen den Mitgliedstaaten statt. Beschlüsse zur GASP werden vom Rat grundsätzlich einstimmig gefaßt. Ein Beschluß kann aber auch bei Stimmenthaltung von Ratsmitgliedern zustande kommen, sofern die Enthaltungen nicht mehr als einem Drittel der gewogenen Stimmen im Rat entsprechen (konstruktive Stimmenthaltung). Ein Mitgliedstaat, der sich der Stimme enthält, ist zur Durchführung des Beschlusses nicht verpflichtet, akzeptiert jedoch, daß dieser für die Union bindend ist. Bei Beschlüssen, die auf einer gemeinsamen Strategie basieren, v.a. Annahme einer gemeinsamen Aktion oder eines gemeinsamen Standpunkts sowie Beschlüsse zu deren Durchführung, beschließt der Rat mit qualifizierter Mehrheit (mindestens 62 der 87 gewogenen Stimmen aus mind. zehn Mitgliedstaaten); ausgenommen hiervon sind Beschlüsse mit militärischen oder verteidigungspolitischen Bezügen. Falls ein Ratsmitglied aus wichtigen Gründen der nationalen Politik einen mit qualifizierter Mehrheit zu fassenden Beschluß abzulehnen beabsichtigt, erfolgt keine Abstimmung und die Angelegenheit kann zur einstimmigen Beschlußfassung an den ER verwiesen werden. Der Vorsitz im Rat vertritt die Union in Angelegenheiten der GASP, ist für die Durchführung der gefaßten Beschlüsse verantwortlich und legt in bzw. auf internationalen Organisationen und Konferenzen den Standpunkt der Union dar. Er wird dabei unterstützt vom Generalsekretär des Rats und Hohen Vertreter für die GASP, dem eine zu schaffende Strategie- und Frühwarneinheit untersteht, und ggf. von dem Mitgliedstaat, der den nachfolgenden Vorsitz im Rat wahrnimmt. Für besondere politische Fragen kann der Rat einen Sonderbeauftragten ernennen (am 2.7. 1999 wurde der bisherige deutsche Kanzleramtsminister Bodo Hombach zum EU-Sonderbeauftragten für das Amt des Koordinators für den Stabilitätspakt für Südosteuropa ernannt). Die Kompetenzen von Kommission (Initiativrecht zusammen mit den Mitgliedstaaten), EP (Konsultation und Unterrichtung) und E u GH sind im Rahmen der GASP eingeschränkt; diese Organe haben in der GASP eine relativ unbedeutende Rolle.
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