Die jugoslawische Bundesregierung hat am 23. Juni per Dekret die Zusammenarbeit mit dem UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag beschlossen.
Das Dekret, das mit sofortiger Wirkung in Kraft tritt, schafft die Rechtsgrundlage für die Überstellung mutmaßlicher Kriegsverbrecher aus Serbien und Montenegro an das Tribunal. Die Verabschiedung des Dekrets durch das Kabinett wird auch als Anzeichen einer baldigen Auslieferung von Ex-Präsident Slobodan Milosevic (Foto) nach Den Haag gesehen.
Der Ex-Präsident, der unterdessen wegen seiner drohenden Überstellung das Verfassungsgericht anrief, war Anfang April unter dem Vorwurf von Korruption und Amtsmissbrauch festgenommen worden. Im vergangenen Oktober war der er, gegen den das Den Haager UN-Kriegsverbrechertribunal Anklage wegen Kriegsverbrechen, Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit erhoben hat, gestürzt worden.

Milosevic, Slobodan (Jugoslawien), *Pozarevac 29.8. 1941; 1997–2000 Staatspräsident

Während des Jurastudiums trat er 1959 der KP bei. Tätigkeit in der Industrie; 1969 Vizedirektor, 1974 Generaldirektor von Technogas; 1978 Direktor der Beobanka in Belgrad. Von seinem Studienkollegen Ivan Stambolic, dem mächtigen Belgrader Parteichef, in die Politik geholt, löste er diesen 1984 zunächst als Stadtsekretär und im September 1987 als serbischer Parteisekretär ab. Unter der Parole »Niemand darf die Serben schlagen« entzog er dem Staatspräsidium die politische Kontrolle über die zuvor autonome Provinz Kosovo und machte sie wieder zum Bestandteil Serbiens. Am 8.5. 1989 wurde er zum Präsidenten der Teilrepublik und am 17.7. 1990 zum neuen Vorsitzenden der in Sozialistische Partei Serbiens SPS umbenannten KP gewählt. Er setzte militärische Mittel gegen die Unabhängigkeit der früheren jugoslawischen Teilrepubliken Kroatien, Slowenien und Bosnien-Herzegowina ein und strebte nach dem Zerfall Jugoslawiens die Schaffung eines gemeinsamen Staates aller Serben (»Großserbien«) an. Bei den Präsidentenwahlen in Serbien am 20.12. 1992 im Amt bestätigt. Am 15.7. 1997 wurde Milosevic von beiden Kammern des Bundesparlaments zum neuen Präsidenten der Bundesrepublik Jugoslawien gewählt und am 23.7. als Nachfolger von Zoran Lilic vereidigt. Als Milosevic dem Friedensplan der internationalen Kontaktgruppe für den Kosovo seine Zustimmung verweigerte und die ethnischen Säuberungen fortsetzt, kam es am 24.3. 1999 zu ersten NATO-Luftangriffen auf Serbien, die erst am 10.6., nach der Zustimmung der Serben zum Friedensplan, wieder eingestellt wurden. Nach einer Verfassungsänderung vom 24.7. 2000 versuchte Milosevic seine erneute Wiederwahl im Herbst 2000 durchzusetzen, musste sich aber nach offensichtlichem Wahlbetrug dem Druck der Straße beugen und seinem Widersacher Vojislav Kostunica vom Wahlbündnis DOS das Präsidentenamt überlassen.

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