Der Europ�ische Rat (ER) der Staats- und Regierungschefs der Europ�ischen Union (EU) hat sich bei seinem bisher l�ngsten Gipfeltreffen vom 7. bis 11. Dezember in Nizza auf einen neuen EU-Vertrag geeinigt. Mit dem �Vertrag von Nizza� werden die vom ER 1997 bei der Vereinbarung des "Vertrags von Amsterdam" ausgeklammerten Fragen � die Zusammensetzung der Europ�ischen Kommission (auch: EU-Kommission), die Stimmengewichtung im Rat der Europ�ischen Union (auch: EU-Ministerrat) und die Ausweitung der Mehrheitsentscheidungen � teilweise gekl�rt. Die EU soll damit f�r den Beitritt von mindestens zehn Staaten Mittel- und Osteuropas sowie von Malta und Zypern vorbereitet sein. Die Ratifizierung des Vertrags durch alle EU-Mitgliedstaaten soll in 18 Monaten abgeschlossen sein, so dass die EU wie vorgesehen ab 2003 f�r neue Mitglieder aufnahmebereit sein kann.
Zu Beginn des EU-Gipfels lieferten sich etwa 4000 Demonstranten und Polizisten in Nizza Stra�enschlachten, bei denen 20 Polizisten verletzt wurden.
Die wichtigsten Beschl�sse
Stimmengewichtung: Der Rat der Europ�ischen Union (EU-Ministerrat) wird �ber eine Gesamtstimmenzahl von 342 (bisher 87 Stimmen) verf�gen. Die Stimmen verteilen sich (in Klammern die bisherigen Stimmanteile) wie folgt: Deutschland 29 (10), Frankreich 29 (10), Gro�britannien 29 (10), Italien 29 (10), Polen 27 (-), Spanien 27 (8), Rum�nien 15 (-), Niederlande 13 (5), Belgien 12 (5), Griechenland 12 (5), Portugal 12 (5), Tschechische Republik 12 (-), Ungarn 12 (-), �sterreich 10 (4), Schweden 10 (4), Bulgarien 10 (-), D�nemark 7 (3), Finnland 7 (3), Irland 7 (3), Slowakei 7 (-), Litauen 7 (-), Estland 4 (-), Lettland 4 (-), Slowenien 4 (-), Luxemburg 4 (2), Zypern 4 (-), Malta 3 (-).
Mehrheitsentscheidungen: Grunds�tzlich braucht jede Entscheidung im EU-Ministerrat f�r ihre Billigung mindestens 258 von insgesamt 342 Stimmen (so genannte qualifizierte Mehrheit); das sind 74,56 Prozent, bisher lag die Schwelle bei 71 Prozent. Die Sperrminorit�t liegt bei 89 Stimmen, die von drei gro�en und einem kleinen Land gemeinsam erreicht werden k�nnte. Jeder Mitgliedstaat kann zudem auf Antrag pr�fen lassen, ob die Beschl�sse auch mindestens von 62 Prozent der EU-Bev�lkerung repr�sentieren (demografischer Faktor). Die Mehrheitsentscheidungen im EU-Ministerrat sollen deutlich ausgeweitet werden. Betroffen sind etwa 40 Artikel im EU-Vertrag, f�r die bisher Einstimmigkeit n�tig war. Bei der qualifizierten Mehrheit k�nnen einzelne Mitgliedstaaten nicht mehr mit ihrem Vetorecht Entscheidungen blockieren. Besonders umstritten waren in Nizza der �bergang zu Mehrheitsentscheidungen in den Bereichen Asyl und Einwanderung, Steuern, Gemeinsame Handelspolitik und Strukturfonds. Es gibt aber Bereiche in der EU, wo Einstimmigkeit weiterhin n�tig ist, z.B. bei Ernennungen der Mitglieder des Rechnungshofs.
Zusammensetzung der EU-Kommission: Von 2005 an soll jeder Mitgliedstaat nur noch einen Kommissar in die bisher 20 Mitglieder z�hlende Kommission entsenden. Erst wenn die EU 27 Mitglieder hat, soll die Zahl der Kommissare �berpr�ft werden. Das Gremium soll dann jedoch h�chstens aus 27 Kommissaren bestehen. �ber den Pr�sidenten der Kommission und die Liste der Kommissare soll k�nftig mit qualifizierter Mehrheit entschieden werden, bislang war Einstimmigkeit n�tig. Die Position des Kommissionspr�sidenten wird gest�rkt.
Flexibilit�t: Gebilligt wurde das Prinzip der Flexibilit�t. Eine Gruppe von EU-Staaten (mindestens acht) kann in bestimmten Bereichen ihre Zusammenarbeit verst�rken. Voraussetzung ist aber, dass andere EU-Partnerstaaten sich sp�ter anschlie�en k�nnen. Diese Form der Zusammenarbeit kann k�nftig auch nicht mehr durch ein Veto verhindert werden. Das Prinzip der Flexibilit�t existiert bereits, z.B. bei der Gemeinschaftsw�hrung Euro. Die verst�rkte Zusammenarbeit wird zudem auch im Bereich der gemeinsamen Au�en- und Sicherheitspolitik angewendet werden k�nnen.
Post-Nizza-Prozess: 2004 soll eine neue Regierungskonferenz zu weiteren Reformen einberufen werden � vor allem zur Kompetenzabgrenzung zwischen der EU und den Mitgliedsstaaten.
Sicherheits- und Verteidigungspolitik: Geplant ist die Aufstellung einer Krisenreaktionstruppe aus nationalen Kontingenten bis 2003. Offiziell beschlossen wurden drei neue Milit�rgremien: der Verteidigungs- und Sicherheitspolitische Ausschuss, der Europ�ische Milit�rstab sowie der Milit�rpolitische Ausschuss. Sie sollen sp�testens ab Sommer 2001 in Br�ssel voll funktionsf�hig sein. Bis 2003 wollen die EU-Staaten in der Lage sein, binnen 60 Tagen rund 60.000 Mann f�r einen Einsatz wie etwa im Kosovo zu mobilisieren.
Charta der Grundrechte: In Nizza wurde die Charta der Grundrechte der EU proklamiert, auf die sich die EU-Staaten vor zwei Monaten grunds�tzlich geeinigt hatten. Die Charta, die als Kernst�ck einer k�nftigen europ�ischen Verfassung gedacht ist, definiert 54 gemeinsame zivile, wirtschaftliche, politische und soziale Grundrechte der 15 Mitgliedsstaaten. Die Charta hat keine Rechtsverbindlichkeit, sondern nur die Form einer politischen Erkl�rung und gilt vorerst nur f�r die EU-Institutionen.
(Homepage: Europ�ische Union (EU))