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Staaten : Russische Föderation: Rücktritt Jelzins
Russische Föderation: Rücktritt Jelzins
1.1.2000

Der russische Präsident Boris Nikolajewitsch Jelzin hat am 31. Dezember in einer landesweiten Fernsehansprache seinen Rücktritt bekanntgegeben. Die Amtsvollmachten übergab er per Erlass an Ministerpräsident Wladimir Wladimirowitsch Putin, der diese bis zu den Präsidentschaftswahlen am 26. März 2000 ausüben wird. Jelzin übergab Putin auch die Kontrolle über den so genannten Atomkoffer, mit dem das Staatsoberhaupt den Startbefehl zum Abschuss von Atomraketen geben kann.

Jelzin sagte in seiner Rücktrittsrede, er werde sich nicht noch ein halbes Jahr »an die Macht klammern«. Er bitte um Vergebung dafür, dass er die Hoffnung nicht habe erfüllen können, dass Russland »schlagartig von einer grauen, totalitären Vergangenheit in ein helle, reiche und zivilisierte Zukunft springen« kann. Er trete nicht aus Gesundheitsgründen zurück. Russland brauche im neuen Jahrtausend junge und unverbrauchte Politiker.

In einer seiner ersten Amtshandlungen verfügte Putin am 31. Dezember per Erlass Immunität für Jelzin, die ihn auf Lebenszeit vor Strafverfolgung schützt. Zuletzt hatte es wiederholt massive Korruptionsvorwürfe gegen Jelzin und dessen Familie gegeben.

Jelzin, 1931 in Butko geboren, wurde nach dem Machtantritt von Michail Gorbatschow im April 1985 nach Moskau gerufen und stieg bis zum zum Parteichef von Moskau und Kandidat des Politbüros auf. Nach Auseinandersetzungen mit Politbüromitglied Jegor Ligatschow, den er als Reformbremser angriff, wurde er im Februar 1988 als Parteichef und als Kandidat des Politbüros abgesetzt, jedoch von Gorbatschow zum stellvertretenden Bauminister der Sowjetunion ernannt. Auf dem 28. Parteitag der KPdSU verkündete er am 12.7. den Austritt aus der Partei. Bei den ersten freien, geheimen und direkten Wahlen am 12.6. 1991 wurde er bereits im ersten Wahlgang mit absoluter Mehrheit zum Präsidenten der Russischen SFSR gewählt. Er entmachtete Gorbatschow durch das am 12.12. 1991 vom russischen Parlament ratifizierte Minsker Abkommen über die Schaffung der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS), das zugleich das Gründungsdokument der Sowjetunion vom 30.12. 1922 außer Kraft setzte, und wurde Vorsitzender des Rats der GUS-Präsidenten (inzwischen mehrmals im Amt bestätigt). Er baute in der Folge seine überragende Machtfülle durch eine neue Verfassung aus, die am 12.12. 1993 mit knapper Mehrheit angenommen wurde, und rückte zugleich immer stärker von seinen früheren Reformzusagen ab. Aus den Präsidentschaftswahlen am 15.6. 1996 ging er mit knappem Vorsprung vor dem KP-Chef Gennadij Sjuganow hervor und entschied die Stichwahl am 3.7. mit deutlichem Abstand vor Sjuganow für sich. Er wurde am 9.8. 1996 für eine zweite Amtszeit vereidigt. Im Mai 1999 scheiterte ein Amtsenthebungsverfahren gegen Jelzin, da in der Duma die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit in allen fünf Anklagepunkte nicht zustande kam. Vor allem die Kommunisten hatten Jelzin u.a. für den Tschetschenien-Krieg und die Auflösung der damaligen Sowjetunion zur Verantwortung ziehen wollen.

Putin, geboren am 7. Oktober 1952 in Leningrad, Absolvent der juristischen Fakultät der Leningrader Universität, begann 1975 seine Tätigkeit in der Ersten Hauptabteilung des KGB, der Auslandsspionage. 17 Jahre arbeitete er im KGB bzw. in der militärischen Aufklärung GRU des Generalstabs, viele Jahre davon in der DDR. Anfang der 90er Jahre quittierte er den Dienst und wurde Berater des St. Petersburger Bürgermeisters Anatoli Sobtschak, der ihn schließlich zu seinem Stellvertreter machte. Als Sobtschak 1996 nicht wiedergewählt wurde, ging Putin nach Moskau und wurde im August stellv. Kanzleileiter von Präsident Jelzin, im März 1997 stellv. und von Mai bis Juli 1998 erster stellv. Leiter der Administration des Präsidenten. Dann ernannte ihn Jelzin zum Direktor des Inlandsgeheimdienstes FSB. Als dieser ihm in Personalunion auch noch das Sekretariat des Jelzin zugeordneten Sicherheitsrats übertrug, wurde Putin einer der mächtigsten Figuren im Machtzentrum. Am 9. August 1999 wurde er von Jelzin, der zuvor Ministerpräsident Sergej W. Stepaschin entlassen hatte, zum kommissarischen Ministerpräsidenten ernannt. Am 31. Dezember wurde er von Jezlin zu seinem interimistischen Nachfolger bis zu den Präsidentschaftswahlen am 26. März 2000 bestimmt, als deren aussichtsreichster Kandidat er gilt.

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