Der Deutsche Bundestag hat am 18. Oktober mit gro�er Mehrheit die Beschl�sse des EU-Gipfels in Nizza vom vergangenen Dezember gebilligt.
F�r den Vertrag stimmten 570 Abgeordnete, 32 Parlamentarier � vor allem aus den Reihen der PDS � votierten mit Nein; zwei enthielten sich. Mit dem Abkommen werden die formalen Hindernisse auf dem Weg zur Erweiterung der Europ�ischen Union ab dem Jahr 2002 beseitigt.
Vertrag von Nizza
Der am 11.12.2000 vom Europ�ischen Rat beschlossene und am 26.2.2001 unterzeichnete Vertrag von Nizza zur �nderung des Vertrags �ber die EU, der Vertr�ge zur Gr�ndung der Europ�ischen Gemeinschaften sowie einiger damit zusammenh�ngender Rechtsakte umfasst auch vier Protokolle, u.a. �ber die EU-Erweiterung und die Satzung des Gerichtshofs. Er tritt nach Ratifizierung durch die Mitgliedstaaten gem�� ihren verfassungsrechtlichen Vorschriften in Kraft. Vorgesehen sind insbesondere folgende �nderungen:
Ausweitung der qualifizierten Mehrheitsentscheidungen: Bei rund 30 der �ber 70 Vertragsartikel, die derzeit dem Einstimmigkeitsprinzip im Rat unterliegen, wird zur Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit �bergegangen, u.a. Erleichterung des freien Personenverkehrs f�r Unionsb�rger, internationale Handelsabkommen �ber Dienstleistungen und Rechte des geistigen Eigentums (mit wichtigen Ausnahmen), Regelungen f�r die Mitglieder des EP (ohne Steuerfragen), Genehmigung der Verfahrensordnung von EuGH und GEI sowie Personalentscheidungen; bei etwa zehn Vertragsbestimmungen ist das Mitentscheidungsverfahren vorgesehen, u.a. Ma�nahmen zur Bek�mpfung der Diskriminierung, justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen (au�er Familienrecht), Industriepolitik und spezielle Aktionen au�erhalb der Strukturfonds sowie f�r den neu eingef�hrten Artikel �ber das Statut der europ�ischen politischen Parteien und deren Finanzierung. Bei einigen Vertragsartikeln wurde der �bergang zur Abstimmung mit qualifizierter Mehrheit verschoben: Visa, Asyl und Einwanderung (ab 1.5.2004 bzw. nach einstimmiger Annahme gemeinschaftlicher Grunds�tze), Struktur- und Koh�sionsfonds (ab 2007) und Haushaltsordnung (ab 2007).
Neugewichtung der Stimmen im Rat: Ab 1.1.2005 werden die Stimmen der Mitglieder des Rats neu gewichtet und mit einer demographischen Komponente verkn�pft. Ein Beschluss, der mit qualifizierter Mehrheit zu fassen ist, kommt mit einer Mindestzahl von 169 Stimmen bei 15 Mitgliedstaaten bzw. 258 Stimmen bei 27 Mitgliedstaaten zustande, die die Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder (bei Beschl�ssen, die auf Vorschlag der EU-Kommission zu fassen sind) bzw. die Zustimmung von mindestens zwei Dritteln der Mitglieder (in den anderen F�llen, d.h. Teile des ersten Pfeilers der EU sowie zweiter und dritter Pfeiler) umfassen. Ein Mitglied des Rats kann beantragen, dass gepr�ft wird, ob die Mitgliedstaaten, die diese qualifizierte Mehrheit bilden, mind. 62 % der Gesamtbev�lkerung der Union repr�sentieren; sollte dies nicht der Fall sein, kommt der Beschluss nicht zustande. Die Schwelle f�r die qualifizierte Mehrheit wird den Beitritten neuer Staaten entsprechend von derzeit 71,3 % auf 73,4 % erh�ht.
Kommission: Zum 1.1.2005 mit Wirkung ab dem Amtsantritt der ersten Kommission nach diesem Zeitpunkt geh�ren der Kommission ein Staatsangeh�riger je Mitgliedstaat an. Mit der Amts�bernahme der ersten Kommission nach dem Beitritt des 27. Mitgliedstaats wird die Zahl der Kommissionsmitglieder geringer als die Zahl der Mitgliedstaaten sein und eine gleichberechtigte, demografische und geografische Gegebenheiten widerspiegelnde Rotation eingef�hrt. Die Befugnisse des Kommissionspr�sidenten werden gest�rkt: Er erh�lt eine interne Organisationsbefugnis und weist den Kommissionsmitgliedern ihre Aufgaben zu. Ein Mitglied der Kommission erkl�rt seinen R�cktritt, wenn der Kommissionspr�sident es nach Billigung durch das Kollegium dazu auffordert.
Eurp�isches Parlament (EP): Die Anzahl der Mitglieder des EP darf 732 nicht �berschreiten. Zum 1.1.2004 mit Wirkung ab dem Beginn der Wahlperiode 2004-2009 wird die Zahl der in jedem Mitgliedstaat gew�hlten Abgeordneten neu festgesetzt.
Gerichtshof: Im Bereich des Gerichtssystems ist eine umfassende Reform vorgesehen, u.a. Neuverteilung der Zust�ndigkeiten zwischen EuGH und GEI, Einrichtung gerichtlicher Kammern beim GEI f�r Klagen auf genau festgelegten Gebieten, Neufassung der Satzung des Gerichtshofs, die k�nftig vom Rat einstimmig ge�ndert werden kann.
Europ�ische Zentralbank (EZB): Eine �nderung der Stimmengewichtung im EZB-Rat, dem h�chsten Beschlussorgan der EZB, erfordert keinen neuen EU-Vertrag, sondern ist k�nftig durch einstimmigen Beschluss des ER m�glich.
Sonstige institutionellen �nderungen: Der Rechnungshof besteht aus einem Staatsangeh�rigen je Mitgliedstaat. Der WSA, dem k�nftig Vertreter der verschiedenen wirtschaftlichen und sozialen Bereiche der organisierten B�rgerschaft angeh�ren, und der AdR, dessen Mitglieder in Zukunft entweder ein auf Wahlen beruhendes Mandat in einer regionalen oder lokalen Gebietsk�rperschaft innehaben oder gegen�ber einer gew�hlten Versammlung politisch verantwortlich sein m�ssen, haben max. 350 Mitglieder.
Verst�rkte Zusammenarbeit: Die Bestimmungen, die es einer Gruppe von Mitgliedstaaten � auch k�nftig mindestens acht Mitgliedstaaten � erm�glichen, in bestimmten Politikbereichen eine engere, allen Mitgliedstaaten offen stehende Zusammenarbeit zu begr�nden, werden gelockert. Im Bereich des ersten Pfeilers (EG) wird das Vetorecht abgeschafft und in den Gebieten, f�r die das Mitentscheidungsverfahren gilt, die Zustimmung des EP eingef�hrt. Auch im Bereich der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen entf�llt das Vetorecht. Im Bereich der GASP wird die M�glichkeit einer verst�rkten Zusammenarbeit eingef�hrt.
Fr�hwarnsystem bei drohender Verletzung von Grundrechten: Das in Art. 7 EU-Vertrag eingef�hrte Fr�hwarnsystem erlaubt es, bei eindeutiger Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der Grundrechte der Union durch einen Mitgliedstaat vorbeugend zu handeln, bevor Sanktionen ergriffen werden.
Im neuen Fischer Weltalmanach 2002 findet Sie ab Sp. 1041 weitere umfassende Informationen zur Europ�ischen Union.