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Umwelt: Emissionshandel

 
Als wichtiges Instrument zur Umsetzung der Reduktionsverpflichtungen aus dem Kyoto-Protokoll (EU-weit –8% CO&sub2; bis 2012 gegenüber 1990) einigten sich die EU-Umweltminister am 9.12.2002 auf ein System zum europaweiten Handel mit CO&sub2;-Emissions-Zertifikaten (Verschmutzungsrechten). Die europäische Emissionshandelsrichtlinie wurde am 2.7.2003 durch das Europäische Parlament verabschiedet und trat am 25.10.2003 in Kraft. Die Richtlinie legt fest, welche Anlagen am Emissionshandel beteiligt sind: Es sind insbesondere Kraftwerke und energieintensive Produktionsanlagen, auf deren Konto insgesamt fast die Hälfte des CO&sub2;-Ausstoßes in der EU gehen. EU-weit sind ca. 10000, in Deutschland ca. 2400 Anlagen erfasst. Die Emissionszertifikate werden von den Mitgliedstaaten an die Anlagenbetreiber verteilt. Sie beziehen sich auf mehrjährige Verpflichtungsperioden (1. Periode: 2005–07, 2. Periode: 2008–2012, danach jew. 5-Jahres-Zeiträume). Die Erstzuteilung erfolgt kostenlos und orientiert sich am durchschnittlichen Anlagenausstoß der Jahre 2000–2002. Diese Menge wird dann in späteren Verpflichtungsperioden verknappt. Liegt ein Unternehmen unterhalb der zulässigen Emissionsgrenze, muss es sich zusätzliche Zertifikate beschaffen. Betriebe, die z.B. durch Modernisierung unterhalb der Grenze liegen, können ihre Zertifikate europaweit verkaufen und damit zusätzliche Einnahmen erzielen. Jedes Unternehmen kann entscheiden, ob es günstiger ist, Anlagen zu modernisieren oder Verschmutzungsrechte hinzuzukaufen. Der Preis für die Zertifikate wird durch Angebot und Nachfrage bestimmt. Schätzungen gehen von ca. 10–15 € pro Tonne aus. In Deutschland gab es im März 2004 eine politische Kontroverse über den sog. Nationalen Allokationsplan, den die EU-Mitgliedstaaten bis zum 31.3. an die Europäische Kommission zu melden hatten. Der Plan legt die Erstzuteilung der Emissionszertifikate und ihre spätere Verknappung im Detail fest. Der im Februar 2004 bekannt gewordene Entwurf des Umweltministeriums sah eine Reduktion der CO&sub2;-Emission aus Kraftwerken und Industrieanlagen von 25 Mio t. bis 2012 (gegenüber 2000–2002) vor. Obwohl dies im Umfang in etwa der 2001 abgegebenen Selbstverpflichtung der Industrie entsprach (–45 Mio t. bis 2010 gegenüber 1998), lehnten Industrie und Wirtschaftsministerium den Vorschlag ab. Nach einer wochenlangen, auch über die Medien ausgetragenen Kontroverse fiel in einer Nachtsitzung am 30.3. im Kanzleramt unter Beisein von Bundeskanzler Schröder die Entscheidung für eine deutlich geringere Emissionsreduktion. Einige energieintensive Branchen (Stahl-, Glas-, Zement- und Keramikindustrie) wurden komplett aus der Regelung ausgenommen. Neben der Gesamthöhe der Emissionen war insbesondere das Verfahren für die Zertifikatsverteilung beim Neubau von Kraftwerken stark umstritten. Werden alte Kraftwerke ersetzt, erhalten die neuen die gleichen Emissionsrechte – ein Anreiz Kraftwerke mit geringem CO&sub2;-Ausstoß zu bauen. Bei zusätzlichen Neubauten sollte laut Entwurf der hohe Wirkungsgrad moderner Gas- und Dampfkraftwerke gelten. Dieser Nachteil für den Neubau von Kohlekraftwerken wurde in dem nächtlichen Kompromiss aufgehoben – als Richtschnur für die Emissionen gelten nun die wesentlich höheren Emissionen moderner Steinkohlekraftwerke. Der Kompromiss wurde von den Umweltverbänden heftig kritisiert. Die deutsche Vorreiterrolle im Klimaschutz würde damit aufgegeben, der Druck auf die anderen EU-Staaten, ehrgeizige Reduktionspläne zu entwickeln, entsprechend gemindert. Anfang April 2004 haben sich die EU-Staaten und das EU-Parlament darauf geeinigt, dass die Unternehmen ihre Reduktionsverpflichtungen bis zu einer gewissen, vom Mitgliedstaat festzulegenden Obergrenze auch außerhalb Europas (z. B. durch Investitionen in Energieeffizienz oder erneuerbare Energien in Entwicklungsländern) erbringen dürfen.
 
 

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